| [Impressum] | [Meldungen] | [Heute] | [Termine] | [Wegweiser] |

[Marburgnews]
in Partnerschaft mit
[Amazon.de]


Politik


Koch-Rezept: IG Medien kritisiert neue Rundfunk-Gesetze


28.09.2000 * (
FJH)
"Hände weg vom Hessischen Rundfunk!" Unter diesem Motto stand eine Informationsveranstaltung der Industriegewerkschaft Medien und des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) am Mittwochabend (27. September) im Software Center Marburg (SCM). Axel Becker, Gesamtpersonalratsvorsitzender des Hessischen Rundfunks (HR) erläuterte die Pläne der Hessischen Landesregierung, die den Rundfunkrat der öffentlich-rechtlichen Anstalt "modernisieren" möchte.
Von derzeit 16 Mitgliedern soll das Gremium auf 27 Plätze aufgestockt werden. Seine Mitglieder sollen künftig durch ein imperatives Mandat an die entsendende Organisation gebunden sein. Sie soll das Recht haben, ihr Mitglied jederzeit ohne Angabe von Gründen abberufen zu können.
Becker sieht darin den Versuch, den HR an die Leine der Landesregierung zu legen. Das hessische Rundfunkgesetz von 1948 ist das älteste noch gültige Landesrundfunkgesetz Deutschlands. Gerade die geringe Größe des HR-Rundfunkrats macht ihn nach Beckers Auffassung zu einem echten Entscheidungsgremium. Der Gewerkschafter verwies auf andere Sender, wo schon Abteilungsleiterpositionen parteipolitisch besetzt würden. Im Gegensatz zu solchen Anstalten habe der HR in der Vergangenheit ohne Rücksicht auf politische Pfründe reagieren und Personal abbauen können.
Einen Grund für die Versuche der Koch-Regierung, den HR-rundfunkrat um Vertreter von koalitionsnahen Organisationen Organisationen zu erweitern, sieht der Personalratsvorsitzende in Unzufriedenheit von Koalitionspolitikern mit der Berichterstattung über den CDU-Spendenskandal im HR. Dies habe Regierungssprecher Metz auf einer medienpolitischen Tagung der CDU freiweg offenbart.
Trotz inhaltlicher Kritik an einzelnen Programmen, die er selbst mitunter teile, sieht Becker den HR als insgesamt parteiunabhängig und offen an. Dies verdanke der Sender vor allem seiner derzeitigen Entscheidungsstruktur.
Eine Debatte über die Programmqualität wird nach Ansicht von Viktor Kalla, Betriebsratsvorsitzender der FRankfurter Rundschau (FR), diese Struktur eher noch stärken. Eine Schwächung befürchtet das ehrenamtliche Geschäftsführende Mitglied des Landesbezirksvorstands der IG Medien Hessen hingegen von einem "Ballungsraum-Fernsehen" im Rhein-Main-Gebiet. Kalla erläuterte Pläne der Regierung, wonach mit der Änderung der Rundfunkgesetze regionale Fernsehprogramme in Hessen zugelassen werden können. Schon die SPD habe derartige Überlegungen ventiliert, sie aber auf Druck von Gewerkschaften und Verlegern wieder zurückgezogen. Nach einer Studie der Prognos AG Basel kann ein solcher Sender über mindestens zehn Jahre hinweg nur zweistellige Millionensummen an Verlusten einfahren. Dennoch haben sich die Zeitungsverleger im Rhein-Main-Raum inzwischen zur "intercity-AG" zusammengeschlossen, um den Kanal zu übernehmen. Sie tun dies nach Kallas Einschätzung vor allem aus Furcht vor Konkurrenz, die ihnen die hier erzielbaren Werbeeinnahmen sonst streitig machen könnte.
Ein "Willkommener Nebeneffekt" dieses - vor allem von der FDP betriebenen - Vorhabens ist nach Einschätzung von Axel Becker auch der durch den neuen Fernsehkanal zunehmende Druck auf den HR. Dem werde der Sender ab Januar 2001 mit einer täglichen Lokal-Boulevard-Show "Maintower" begegnen.
IG Medien-Bezirksvorsitzender Hans-Jürgen Sitt warnte vor zunehmender Pressekonzentration und erinnerte an den Nazi-Zeitungspapst Hugenberg. Gerade diese Erfahrungen hätten zu den Überlegungen geführt, die 1948 in das Hessische Rundfunkgesetz eingeflossen waren.
Die Protokolle der damaligen Debatten im Hessischen Landtag hält Axel Becker für hervorragende Argumente gegen die neuen Entwürfe der Koch-Koalition. Dort werde ausführlich begründet, warum Vertriebenenverbände, Bauern- oder Standesorganisationen keinen Sitz im Rundfunkrat erhalten haben. Wenn CDU und FDP damit begännen, den Rundfunkrat nach parteipolitischen Interessen zusammenzusetzen, dann breche dieser Damm auch gegenüber der SPd: "Ich habe auch kein Interesse an einem SPD-Rundfunkrat."
Das Publikum forderte Becker deshalb auf, Druck auf die Politiker zu machen: "Der Rundfunkrat gehört den Gebührenzahlern. Lassen Sie sich den HR nicht wegnehmen!"


Freiheitsrechte: Verbandstag der Humanistischen Union in Marburg


25.09.2000 * (
SPa)
"Mit den völkerrechtswidrigen Luftangriffen auf Jugoslawien wurde keines der zuvor erklärten Kriegsziele erreicht." In diesem Satz fasste Dr. Till Müller-Heidelberg bei einer Pressekonferenz zum Abschluss des VErbandstags der Humanistischen Union (HU) am Sonntag (25. September) die Diskussion "Frieden schaffen mit Krieg?" zusammen, mit der das bundesweite Treffen der größten deutschen Bürgerrechtsorganisation am Freitagabend (22. September) im Kulturladen KFZ begonnen hatte. Der Bingener Rechtsanwalt ist Bundesvorsitzender der 1961 in München gegründeten und heute in Berlin ansässigen Vereinigung zum Schutz von Bürger- und Freiheitsrechten. Er moderierte die Podiumsöffentliche diskussion wie auch längere Passagen der Diskussion innerhalb des Verbandes.
Dr. Hubert Kleinert, Landessprecher von Bündnis 90/Die Grünen, räumte bei der öffentlichen Diskussionsveranstaltung vor gut 70 Zuhörern ein, dass die deutsche Politik im Kosowo Fehler gemacht hat. Heute schätze er vieles anders ein als bei Kriegsbeginn vor eineinhalb Jahren. Frieden im Kosowo und ein Zurückstecken des jugoslawischen Diktators Slobodan Milosevic sei - entgegen seiner ursprünglichen Hoffnungen - jedenfalls nicht erreicht worden. Dennoch bleibe die Frage, ob man Völkermord und Vertreibung tatenlos zusehen könne.
Der Vorsitzende der deutschen Sektion der Internationalen Juristenvereinigung gegen Atomwaffen, der Marburger Rechtsanwalt und Notar Dr. Peter Becker, stellte ausführlich dar, dass die Öffentlichkeit über Kriegsgründe, Kampfhandlungen und deren Ergebnisse belogen worden sei. Insbesondere hob er dabei den - für die Einschätzung bei Asylverfahren verwendeten - beruhigenden "Länder-Bericht" des Auswärtigen Amtes vom 19. März 1999 und die - dazu in völligem Widerspruch stehenden - Erklärungen der Bundesregierung über ethnische Vertreibungen im Kosowo vom 24. März 1999 hervor. Mit zahlreichen Literaturhinweisen belegte Becker seine Darstellung, wonach mit den Luftschlägen vor allem Wirtschaftsinteressen der US-Politik durchgesetzt werden sollten. UNO und OSCE seend dadurch geschwächt worden, obwohl allein sie wirksame Mechanismen zur Verhinderung von Kriegen besitzen sollten.
Müller-Heidelberg wies darauf hin, dass ein Abzug der KFOR-Truppen aus dem Kosovo in den nächsten 15 Jahren sehr unwahrscheinlich sein wird. Bei einem Besuch im Kosovo habe er dort kürzlich kaum überwindlichen Hass auf allen Seiten festgestellt.
Neben der Debatte um den Einsatz von Waffen zur Lösung von Konflikten befasste sich der Verbandstag mit der Kirchensteuer und Modellen ihres Ersatzes durch eine sogenannte "Kultur- und Sozialsteuer". Der evangelische Bonnhoeffer-Verein, aber auch katholische Kirchenkreise, debattieren derzeit Überlegungen, wonach jeder Bürger einen vom Staat festgelegten Anteil seines Steueraufkommens nach eigenem Belieben an Kirchen oder andere gemeinnützige Organisationen weiterleiten lassen kann. Diese Regelung enthält nach Auffassung des Verbandstags aber zu viele ungeklärte Probleme, weshalb die HU sich für eine ersatzlose Abschaffung des Kirchensteuereinzugs durch den Staat aussprach.
Im Sinne der von ihr seit 1961 geforderten "Trennung von Kirche und Staat" forderte die HU auch eine weltanschauungs- und religionsunabhängige Ausformulierung der "Europäischen Grundrechte-Charta", die derzeit unter Vorsitz des ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Prof. Dr. Roman Herzog ausgearbeitet wird.
Auf Anregung des HU-Ortsverbands Marburg diskutierte der Verbandstag auch über ein Verbot der "Nationaldemokratischen Partei deutschlands" (NPD), das die Mehrheit der Anwesenden ablehnte. Ein Parteiverbot sei kein geeignetes Mittel, um rechtsradikalen Gesinnungen entgegenzutreten.


Bissig: Ordnungsamt lässt gefährliche Hunde töten


18.09.2000 * (
FJH)
Fünf Schäferhunde, die am 2. Juli eine Frau gebissen haben, sollen nun von Amts wegen getötet werden. Nach dem Vorfall in einem Haus am Lutherischen Kirchplatz waren die sechs Schäferhunde der Wohnungsinhaberin einer Wesensprüfung unterzogen worden. Fünf der Tiere - der sechste Hund befand sich während der Attacke auf eine Bekannte der Hundehalterin mit dieser beim Tierarzt - stufte der amtliche Prüfer als "gefährlich" ein. Das Ordnungsamt der Stadt Marburg verfügte daraufhin die Einschläferung der Hunde. Die Halterin hat ihren Widerspruch gegen diese Maßnahme angekündigt und einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Alle sechs Hunde waren in einer kleinen Wohnung in einem Fachwerkhaus untergebracht. Nach dem Vorfall wurden die Tiere der Halterin entzogen und anschließend auf ihre Gutartigkeit hin untersucht. Das Ergebnis dieser Wesensprüfung lässt eine wenig artgerechte Haltung sehr wahrscheinlich erscheinen.


Ruinöser Wettbewerb: Stadtbus von EU zum Abschuss freigegeben?


13.09.2000 * (
FJH)
"Wir wollen einen attraktiven und zukunftsfähigen ÖPNV, und wir wollen ihn mit den Stadtwerken." Auf diese Formel brachte Oberbürgermeister Dietrich Möller bei einem Pressegespräch am Mittwoch (12. September) die gemeinsame Haltung des Magistrats, der Stadtwerke Marburg (SWM) und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) zur Zukunft des Marburger Stadtbusbetriebs. Am 26. Juli hatte die EU-Kommission den Entwurf einer neuen Richtlinie veröffentlicht, wonach Nahverkehrsleistungen spätestens ab dem Jahr 2006 europaweit ausgeschrieben werden müssen. Damit träten die SWM in Wettbewerb zu privaten Anbietern , die unter völlig anderen Bedingungen arbeiten.
Als größtes Problem sieht der Marburger ÖTV-Geschäftsführer Norbert Schreiner dabei die "befürchtete Schmutzkonkurrenz" der privaten Busunternehmen. Mit ihnen hat die ÖTV niedrigere Tariflöhne vereinbart als mit den Öffentlichen Verkehrsbetrieben. Schreiner hält diese Tarifverträge aber für notwendig, weil die Privatbusbetriebe seiner Einschätzung nach sonst noch geringere Löhne zahlen würden. Um die Stadtwerke, die künftig als privatrechtliche GmbH & Co KG firmieren werden, wenigstens etwas wettbewerbsfähiger zu machen, hat die ÖTV mit der Geschäftsleitung eine Auslegungsvereinbarung abgeschlossen, wonach Neueinstellungen nun in niedrigere Lohngruppen eingestuft werden. Doch auch ihr Gehalt liegt immer noch höher als das der Busfahrer bei privaten Unternehmen. Unter diesen Rahmenbedingungen könnte die für das Jahr 2004 - spätestens aber 2006 - vorgeschriebene Ausschreibung der Konzessionen im städtischen Nahverkehr für die SWM das Ende dieser - seit 1911 bewältigten - Aufgabe bringen.
Um dem zu entgehen, möchte SWM-Direktor Rainer Kühne bei Personaleinsatz und Leistungsumfang weiter rationalisieren. Eine Ausnahmeregelung im EU-Enturf befreit nämlich solche Verkehrsanbieter von der vorgesehenen Ausschreibungspflicht, deren Zuschussbedarf weniger als 8.00.0000 DM jährlich beträgt oder unter 20% liegt. Bei runden 24 Millionen DM Defizit im Vorjahr erwirtschaften die SWM derzeit etwa 70% der Kosten des Busnetzes durch Einnahmen. Diesen Anteil möchte Kühne durch drastische Maßnahmen auf 80 % steigern, um damit die Voraussetzungen für eine ausschreibungsfreie Konzessionsvergabe zu erfüllen. "Man wird dann alle Leistungen auf den Prüfstand stellen müssen". Fahrten, bei denen "nur heiße Luft" befördert werde oder die unter dem Motto "Nice to have" erbracht würden, müssten dann möglicherweise gestrichen werden.
Der Anteil privater Subunternehmer, der heute bei rund 20 % liegt, kann nach einer zwischen SWM und ÖTV geschlossenen Vereinbarung bis auf 27,5 % der Fahrleistungen gesteigert werden. Zur Zeit bedienen private Unternehmen im Auftrag der SWM das Anruf-Sammeltaxi (AST), die Stadtteilbusse, die Schloss-Linie 16 sowie die Vorortlinien 72 nach Michelbach und 73 nach Elnhausen.
Während die Großstädte als Betreiber von Schienenverkehrssystemen und viele Kleinstädte wegen des geringen Umfangs ihrer Verkerhrsleistungen von der Ausschreibungspflicht ausgenommen sind, träfe die neue EU-Richtlinie Marburg mit aller Härte. Sie läßt aber einige Ausnahmeregelungen zu, die von den Verkehrsministern auf nationaler Ebene geregelt werden müssen. Deshalb hoffen Möller, Kühne und Schreiber auf positive Signale der Verkehrsministerkonferenz, die am übernächsten Mittwoch (/27. September) in Frankfurt tagt. Als Mitglied des Hauptausschusses beim Deutschen Städtetag hat Dietrich Möller an einer gemeinsamen Erklärung des Städtetags, des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und der ÖTV mitgewirkt. Ihr möchte Marburgs OB mit seinen Aussagen nun nochmals Nachdruck verleihen.
Für Stadtwerke-Chef Rainer Kühne sind jetzt aber auch Bürgerinnen und Bürger am Zug, die verbesserte Nahverkehrsangebote nicht nur fordern, sondern hinterher auch rege nutzen sollten.


Männerfreundschaft: Pohl beruft Kohl in Firmenbeirat


04.09.2000 * (FJH)
Dr. Reinfried Pohl, Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Vermögensberatung, hat den Altbundeskanzler Dr. Helmut Kohl zum Vorsitzenden des Beirates seines Unternehmens berufen. Dies gab Pohl am Wochenende bei einer Jubiläumsfeier in Köln bekannt. Pohl ist seit Jahren mit Kohl persönlich befreundet. Der CDU Hessen ist der Marburger als Groß-Spender ebenso verbunden wie durch die Zusammenarbeit seiner Unternehmensgruppe mit den CDU-Politikern Dr. Friedrich Bohl (Kanzleramtsminister a.D.) und Dr. Walter Wallmann (ehemals Bundes-Umweltminister und hessischer Ministerpräsident). Pohl ist maßgeblicher Miteigentümer des im Herbst vorigen Jahres neueröffneten Rosenpark-Hotels und der dahinterstehenden "Vila-Vita-Hotelgruppe. Der Multimillionär gilt als reichster Bürger Marburgs.


17.08.2000 * Berlin ruft: Pia Maier rückt in den Bundestag nach


Politik

| [home] | [Suche] | [Diskussion] | [Gästebuch] | [Kontakt] |



© 28.09.2000 by fjh-Journalistenbüro, D-35037 Marburg
e-Mail: redaktion@marburgnews.de