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Politik


Gedenken: Damit die Opfer nicht umsonst gestorben sind


31.01.2001 * (
sfb)
Am 30. Januar 1933 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt. 68 Jahre später war dieses Datum Anlaß für den Marburger Politikwissenschaftler Prof. Dr. Reinhard Kühnl auf eine Einladung des "Marburger Bündnisses gegen Rechts" über das Thema "Umgang mit Gedenken" zu referieren.
Kühnl leitete seinen lebendigen Vortrag im Marburger Gewerkschaftshaus mit der Frage ein: Wessen sollen wir gedenken? Reicht der in das Berliner Mahnmal gemeißelte Ausspruch von Altkanzler Kohl: "Den Opfern von Krieg und Gewalt."? Nein, so die Antwort. Denn auch Soldaten oder der Präsident des nationalsozialistischen Volksgerichtshofs Roland Freißler könnten nach dieser unspezifischen Formulierung als Opfer des Krieges mißverstanden werden. Um Mißverständnisse dieser Art zu vermeiden, bedürfe es eines Maßstabes, forderte der Politikwissenschaftler.
Die mit der französischen Revolution propagierten Menschenrechte Gleichheit und Universalität seien die gesuchten Kriterien, nach denen Zeitgenossen des Hitlerfaschismus beurteilt werden könnten. Unerwähnt blieb allerdings, dass auch die Jakobiner ihre Gewaltherrschaft auf der Grundlage jener Menschenrechte legitimierten.
Kühnl stellte eine weitere Frage: Warum sollen wir gedenken?
Die oft zitierte -zur Phrase verkommende - Antwort sei noch einmal genannt. Wir gedenken, um aus der Vergangenheit zu lernen. Kühnl gab allerdings die Schwierigkeit zu bedenken, dass man je nach Betrachtungsweise Unterschiedliches lernen kann: Das Kriegsende im Sommer 1945 beispielsweise wurde aufseiten der Opfer als Befreiung, aus der Sicht der Täter jedoch als peinliche Niederlage empfunden. Noch immer bestehe eine bis in die heutige Zeit hineinreichende Spaltung in der Beurteilung der Naziverbrechen, sowohl unter Historikern als auch in Regierungskreisen. Während die einen bemüht seien, die Verbrechen des Faschismus aufzudecken, tendierten die anderen dazu, eben jene unangenehme Wahrheit zu verdrängen. Als aktuelles Beispiel für eine Verdrängung -zynischerweise - im Dienste des "staatlich verordneten" Gedenkens führte Kühnl das Monumentaldenkmal in Berlin an. Während dieses Stelenwald unter hohem Kostenaufwand errichtet wurde, fallen die historischen Stätten des Terrors - unbeachtet dem Zahn der Zeit zum Opfer.
Kühnl kritisierte aber auch den Umgang mit dem Gedenken, wie er auf der Opferseite gepflegt wird. Um aus der Vergangenheit zu lernen, reiche es nicht, in alter Trauer und Wut zu verharren. Es reiche auch nicht, ausschließlich emotionale Betroffenheit zu demonstrieren, die Kühnl im Laufe der letzten Jahre vermehrt bei Studenten angetroffen hat. Betroffenheit, die grundsätzlich akzeptabel sei, müsse stärker mit einer rationalen Durchdringung des Faschismus kombiniert werden.
Um aus der Vergangenheit Folgerungen für eine bessere Zukunft ableiten zu können, müssen Ursachen und Bedingungenverhältnisse der Nazidiktatur erkannt werden.
Oder wie die aus Wien stammende, Ausschwitz überlebende Lyrikerin Hella Rotenberg in dem Gedicht "Vermächtnis" formulierte: "Dass du uns nicht vergisset, sonst sind wir umsonst gestorben: heute ich und morgen du."


Kumulieren, panaschieren - nicht den Überblick verlieren


20.01.2001 * (
sap)

Sieben Listen stehen den Marburger WählerInnen am 18. März diesen Jahres zur (aus)wahl. Durch das neue Kommunalwahlrecht können die Stimmen für SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, PDS/Marburger Linke, FDP, Bfm (Bürger für Marburg) und M-B-L (Marburger Bürger Liste) kumuliert und panaschiert werden.
Marburgnews sprach mit dem Wahlleiter der Stadt Marburg über Wissenwertes rund um die Wahl:
Wahlberechtigt sind alle in Marburg mit Hauptwohnsitz Gemeldeten, die über 18 Jahre alt sind oder bis zum 5. Januar letzten Jahres 16 geworden waren. Das unter der Rot-Grünen Landesregierung zunächst auf 16 herabgesenkte Wahlalter wurde von der neuen Landesregierung ab dem 5.01.2000 wieder auf 18 erhöht. Wer allerdings bis dahin schon 16 Jahre alt - also wahlberechtigt war, denjenigen wird das Wahlrecht nicht wieder entzogen.
Bis zum 18. Dezember lief die Frist, um sich pünktlich für die kommenden Wahlen als in Marburg wohnhaft zu melden. Wer diese Frist eingehalten hat oder ohnehin schon länger hier gemeldet ist, erhält spätestens bis zum 25. Februar eine Wahlbenachrichtigungskarte. Die Briefwahl beginnt frühestens am 12. Februar.
Das neue Kommunalwahlrecht schafft den WählerInnen neue Möglichkeiten, die Stimmen zu verteilen: jede Wählerin und jeder Wähler haben so viele Stimmen, wie Vertreterinnen und Vertreter in das Parlament zu wählen sind. Für die Stadtverordnetenversammlung sind das 59 Stimmen, für den Kreistag 81 und für die Ortsbeiräte je nach Größe zwischen drei und neun Stimmen.
Die Wählerinnen und Wähler können KandidatInnen von den Listen auswählen. Die KandidatInnen jeder Liste sind auf dem Wahlzettel aufgeführt und können direkt angekreuzt werden, es kommen nicht mehr automatisch die ersten Plätze zum Zuge.
Nun können die Wählenden kumulieren. Das bedeutet, dass den einzelnen Bewerberinnen und Bewerbern auf den Listen bis zu drei Stimmen gegeben werden können. Dies geht natürlich nur im Rahmen der zur Verfügung stehenden Stimmenzahl, insgesamt dürfen nicht mehr Kreuze auf dem Zettel zu lesen sein, als Stimmen zur Verfügung stehen, für die Stadtverordnetenversammlung also zum Beispiel 59. Wie diese 59 Stimmen verteilt sind, darf sich die Wählerin/der Wähler selbst aussuchen, also vielleicht drei für Platz 1, zwei Stimmenauf Platz 17, eine Stimme für den fünften Listenplatz und so weiter, bis alle Stimmen vergeben sind.
Des weiteren kann
panaschiert werden. Das heißt, dass die Stimmen an Bewerberinnen und Bewerber aus verschiedenen Wahlvorschlägen - also verschiedenen Listen - von Parteien oder Wahlbündnissen vergeben werden können.
Wenn ich beide Möglichkeiten kombiniere, können alle meiner zur Verfügung stehenden Stimmen in der Anzahl auf verschiedene Personen verteilt werden; ich kann dabei auch Personen aus unterschiedlichen Listen wählen.
Wenn sich Wahlberechtigte sicher sind, dass sie nur eine Liste annehmen wollen, und zwar komplett, wird keine bestimmte Person, sondern der Listenname in der Kopfleiste angekreuzt. Damit vergibt die wählende Person alle ihre Stimmen an eine Liste. Allerdings gibt es auch hierfür eine Ausnahme: Wenn die wählende Person eine BewerberIn von der Liste, die in der Kopfleiste angekreuzt wurde, streicht, um zu verhindern, dass diese Person Stimmen bekommt, können die dadurch wegfallenden Stimmen (also bis zu drei), die auf diesen Platz ausgefallen wären, wiederum auf andere Listen verteilt werden (
panaschieren).
Dieses System eröffnet direktere Wahlmöglichkeiten, aber wird auch Komplikationen mit sich bringen. Die Stimmzettel werden erheblich größer sein als bisher. So kann für die Stadtverordnetenversammlung der Wahlzettel eine Größe von DIN A 2 erreichen, für den Kreistag dürfte der Stimmzettel noch größer werden. Rechtzeitig vor dem Wahltag werden nach Aussage des Wahlleiters in Marburg Muster-Stimmzettel versandt, damit sich die Wählerinnen und Wähler schon im Vorfeld mit ihnen vertraut machen können.
Aufgrund der hohen Zahl an Stimmen werden die Wahlergebnisse in diesem Jahr wohl noch nicht am Wahlabend ermittelt werden. Allerdings werden die Stimmzettel mit einer Kennzeichnung in der Kopfleiste herangezogen, um einen Trend zu ermitteln. Durch den Wegfall der 5 % Sperrklausel werden alle Parteien und Wählergruppen an der Sitzverteilung teilnehmen.
Ein Informationsheft zum neuen Kommunalwahlrecht gibt es beim
Wahlleiter der Universitätsstadt Marburg
Wahlamt
Postfach 530,
35035 Marburg
Tel. 06421 /20 14 90


Freiheit in bar: MINzK sammelt für Volker


14.01.2001 * (
sap)
Zu einem Spottpreis von 5 DM gibt es 3, für 10 DM 6 und bei 40 DM kauft man 24 Stunden, also einen Tag. Zeit ist Geld, insbesondere wenn es um den Freikauf aus dem Knast geht. Die Marburger Initiative "Nein zum Krieg!" (MINzK) will den verurteilten Friedensarbeiter Volker freikaufen.
20 Tage Freiheitsstrafe muss der Atomwaffengegner in der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt absitzen. Volker, dessen Nachname nicht in der bekannt gegeben wird, wird Hausfriedensbruch beim Jagdbombengeschwader 66 vorgeworfen. Auf dem Flughafengelände Büchel in der Eifel lagern 10 Atombomben und eine Atrappe direkt unter den dort stationierten Bundeswehr Tornados. Die größeren der B-61 Bomben besitzen laut Aussage der MINzK die 12-fache Sprengkraft der Hiroshima-Bombe.
Ende April 1997 wollten Volker und 20 weitere Friedensaktivisten die Stationierung der Atombomben "dokumentieren" und drangen deswegen auf das Gelände vor. Mit den Ergebnissen wollten sie erreichen, dass gegen die Bundesrepublik ein Strafrechtsverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag eröffnet wird. Die Aktion war angekündigt, so dass direkt am Zaun Wachen aufgestellt wurden.
Die Marburger Friedensinitiative will am 22. Januar um 9.30 vom DGB-Haus nach Schwalmstadt starten, um Volker freizukaufen. Am Montag (15. Januar) tritt Volker die Haft in Schwalmstadt an. Er wurde zu 20 Tagessätzen a 40 DM verurteilt. Ziel der MINzK ist, dass er nach einer Woche das Gefängnis verlassen kann. Bis dahin "wirbt" die MINzK: "Kaufen Sie ein paar Stunden Knast!"


Ausblick: Kommunalwahl 2001 in Marburg


01.01.2001 * (
FJH)
Wichtigstes kommunalpolitisches Ereignis des Jahres 2001 dürften die Kommunalwahlen am 18. März sein. marburgnews möchte hier in loser Folge über das Wahlverfahren, Parteien und Kandidaten sowie über Wahlthemen und deren politische Hintergründe informieren.
Wir beginnen diese Serie mit einem kleinen Portrait des Landes Hessen:

Mittendrin in Deutschlands Mitte: Hessens Kommunen wählen


15.12.2000 * Erinnerungen: "Aufbruch zwischen Mangel und Verweigerung"


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