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Text von Mittwoch, 6. März 2002


Vertrauensfrage: Krieg oder Frieden?

Marburg * (FJH)
"Dabeibleiben und sich trotzdem kritisch äußtern ist nach meiner Meinung die beste Möglichkeit, die Welt zu verändern", sagt Antje Vollmer. Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages legte ihre Positionen zur aktuellen Rüstungs- und Außenpolitik bei der "Grünen Lounge " am Mittwoch (6. März) im Theater neben dem Turm (TNT) dar. Unter dem Titel "Krieg oder Frieden?" diskutierte sie mit Dr. Burkhard Schoch von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung in Frankfurt und Brigitte Klas von Amnesty for Wymen und dem Komitee für Grundrechte und Demokratie.
Traurige Aktualität hatte das Thema am Nachmittag durch Meldungen vom Tod zweier deutscher und dreier dänischer Soldaten in Kabul erhalten. Sie sind zwar nicht bei Kampfhandlungen usm Leben gekommen, sondern beim Entschärfen von Raketen; dennoch mahnt ihr Tod zur Nachdenklichkeit.
"Man kann das Recht auf Leben nicht verteidigen, indem man anderen das Recht auf Leben nimmt", sagte Brigitte Klas. Sie vertrat einen uneingeschränkten Pazifismus, der nichtmilitärische Konfliktlösungsstrategien verlangt. "Die Lehrer sagen in der Schule den Kindern, dass sie Konflikte nicht mit Gewalt lösen dürfen. Die Regierungen tun aber genau das."
Eine Lösung für dieses Dilemma sieht Schoch aber erst, wenn die Vereinten Nationen (UN) über ein Gewaltmonopol verfügen, wie es die Regierungen der Nationalstaaten im Inneren beanspruchen. Die Gründung der UN habe genau dieses Ziel verfolgt, bis heute aber noch nicht erreicht. So gebe es in einigen Fällen kaum eine andere Alternative als den Einsatz von Militär zum Schutz der Menschen vor Gewalt.
"Ich glaube nicht, dass man Terror mit Krieg wirksam bekämpfen kann", betonte Antje Vollmer. Das "Einsammeln von Waffen" durch Soldaten sei für sie eine vertretbare Militäraktion. Bombardements aus großer Höhe indes lehnte sie ab.
Wenn man den Terrorismus bekämpfen wolle, müsse man nach seinen Wurzeln suchen. Diese hat die Bundestags-Vizepräsidentin vor allem in Saudi-Arabien ausgemacht. Ossama Bin Laden und 16 der 19 Attentäter des 11. September kämen von dort. Die "Verlogenheit" des dekadenten Regierungssystems zwischen strenger Anwendung islamischer Regeln, Korruption und luxuriösem Leben in Abhängigkeit vom Westen seien der Nährboden für ihren Hass.
Afghanistan wie auch andere "vergessene Staaten" seien für die Terroristen nur Rückzugsräume, wo keine staatliche Zentralregierung ihnen gefährlich werden könne. Solche "vergessene Staaten kann sich in Zukunft keine Regierung mehr leisten", meinte Vollmer. Auch müßten sich Regierungen um ihre Veründeten dauerhaft kümmern. Die USA hätten ihre Zöglinge Ossama Bin Laden Sadam Hussein aber erst hochgepeppelt und dann alleingelassen.
Die Fragesteller im Publikum hielt oderator Dietmar Göttling sehr kurz, während er dem Podium - vor allem Schoch - breiten Raum für langatmige Ausführungen ließ. Die Kritik am Abst der Grünen immungsverhalten im Deutschen Bundestag barchte die letzte Fragestellerin auf den Punkt: "Beim Kirchentag vor zweieinhalb Jahren ahben Sie zusammen mit Friedrich Schorlemmer sehr eindrucksvoll Gedicht zum Frieden rezitiert. Das war für mich sehr glaubwürdig. Wie konnten Sie dann aber für den Militäreinsatz in Afghanistan stimmen, Frau Vollmer?" Die Angesprochene sprach sich daraufhin gegen den Militäreinsatz in Afghanistan aus. Sie habe bei der Abstimmung für eine Forstsetzung des Regierungsbündnisses votiert. Die Verknüfpfung des Einsatzes mit der Vertrauensfrage hält sie für verfassungswidrig. Das habe dazu geführt, dass zwei Drittel der Abgeordneten gegen ihre eigentliche Überzeugung gestimmt hätten. Sie hoffe jedoch, dass die Grünen in der Regierung mehr für friedliche Konfliktlösunsansätzte tun könnten.


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