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Text von Freitag, 19. April 2002


Kämpfen für Toleranz: Ehrennadel für Strauß

Marburg * (ChH)
"Wenn man Frieden haben will, muss man ihn sich erkämpfen", appellierte Oberbürgermeister Dietrich Möller. Am Donnerstag (18. April) überreichte er Heinz Strauß im Rathaus die goldene Ehrennadel der Stadt Marburg. Die Verleihung ist eine Mahnung an die Vergangenheit und an die Zukunft.
Möller verwies darauf, dass auch heute nicht alle Menschen in Frieden leben könnten. Aktuell seien der Anschlag in Tunesien und der Konflikt zwischen Juden und Palästinensern. Intoleranz und Verfolgung haben auch die Sinti und Roma erfahren. Noch heute stoßen Sie auf viele Vorurteile.

[Heinz Strauß]

Geboren wurde Heinz Strauß 1925 in Cölbe. In der Zeit von 1943 bis 1945 war er in mehreren Konzentrationslagern, darunter Auschwitz und Buchenwald. Dort wurden seine Mutter und vier seiner Geschwister ermordet. Nach dem Krieg starb seine Frau an den Folgen der KZ-Haft. Trotzdem blieb er in Deutschland und hat sich zeitlebens für die Belange der hier lebenden Sinti und Roma eingesetzt. In seinem Wohnort Cappel wurde er häufig um Vermittlung gebeten, wenn es zu Streitigkeiten zwischen fahrenden Sinti und Ortsansässigen gekommen war. Wegen dieses Einsatzes hat der Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Wilhelm Solms den Marburger Sinto für die Ehrung vorgeschlagen.
Großen Respekt bringen Strauß auch die deutschen Sinti und Roma entgegen. So wurde er für die Delegation ernannt, die dem Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker ein Gedenkbuch übergeben hat. Diese reichte auch die Petition für ein Holocaust-Mahnmal in Berlin ein und reiste nach Auschwitz.
Die Mitglieder der Gesellschaft für Antiziganismusforschung wählten Strauß einstimmig zu ihrem Ehrenmitglied. Er hat sich stets für die Versöhnung ausgesprochen und hat diese Einstellung auch seinen Kindern vermittelt. Drei seiner Söhne sind in der Bürgerrechtsbewegung aktiv. Sie arbeiten in vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten die Geschichte der Sinti und Roma auf. Sein Sohn äußerte Unverständnis darüber, dass Strauss Deutschland immer noch seine Heimat nennt. Trotzdem dankt er ihm für gerade diese Einstellung. "Wir möchten verzeihen und vergeben", erklärte er.


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