Text von Donnerstag, 11. März 2004
Frech erfunden: Konstruiert die Polizei Straftaten? | ||
Marburg * (vic)
Von ihrer ungerechtfertigten Verfolgung durch Polizei und Justiz berichteten politische Aktivisten am Mitwoch (10. März) . Die Veranstaltung "Protest und politische Justiz - Bürgerrechtler klagen an" fand in der Milchbar der Mensa statt. Sie wurde vom Marburger Ortsverband der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union (HU) gemeinsam mit den Jungsozialisten in der SPD und ATTAC Marburg durchgeführt. Zunächst berichtete Tereza Bultmann von ihren Erfahrungen beim Anti-Raßismuscamp. Das Camp fand im Sommer 2003 in Köln statt. Die Polizei sei massiv präsent gewesen und habe alle Aktivitäten gefilmt, berichtete Bultmann. Einen Aufmarsch rechter Gruppen habe die Polizei zum Anlass genommen, das Camp abzuriegeln und anschließend zu räumen. Dadurch sollten vermeintliche Zusammenstöße zwischen Rechten und Linken Gruppen verhindert werden. Alle Teilnehmer werden nun wegen unterschiedlicher Delikte angeklagt, so die Referentin. Jochen Lüttich trug danach seine persönliche Erfahrung mit polizeilicher Willkür vor. Im Herbst 2003 wurde beim Staatsarchiv in Marburg eine Demonstration gegen Studiengebühren von der Polizei eingekesselt. Plötzlich habe ihn ein Polizist verhaftet, weil er angeblich eine Flasche nach ihm geworfen habe. Der Referent bestreitet dies jedoch. Es handele sich hierbei um eine erfundene Straftat. Eine Menge von Beispielen aus Gießen für polizeiliche Willkür finden sich in einer Dokumentation, die von der Projektwerkstatt Reiskirchen-Saasen erstellt wurde. Jörg Bergstedt stellte sie den Besuchern vor. straftaten seien erfunden und Konstruiert worden, wie der Referent erläuterte. Auch vorbeugende Inhaftierungen von vermeintlichen Straftätern seien zu bestimmten Anlässen an der Tagesordnung gewesen. Auf Demonstrationen komme es ferner zu mutwilliger Zuordnung von Straftaten an bestimmte Personen. Dies komme vor, wenn die Polizei Straftaten keiner bestimmten Person zuordnen könne. Aber auch andere Beispiele seien in der Dokumentation nachzulesen. Die anschließende Disskussion wurde kontrovers zwischen zwei Lagern geführt: Das eine hält die Ausübung einer staattlichen Gewalt durch Polizei und Justiz für unnötig, was diese Institutionen überflüssig mache. Das andere betrachtet derartige Institutionen für ein notwendiges Übel . Immerhin könne mit ihrer Hilfe ein gewisses Maß von Rechtsstaatlichkeit und Bekämpfung des Verbrechens durchgesetzt werden. Beide Strömungen waren sich aber darin einig, von Polizei und Justiz Fairnis und Rechtsstaatlichkeit einzufordern. Auch diese Bedingungen seien nicht immer erfüllt. Allzu häufig arbeiteten Polizei und Justiz enger als erlaubt zusammen. Auch die Medien übernähmen Pressemeldungen der Polizei oft ohne kritische Überprüfung. Daher wurde vorgeschlagen, eine unabhängige Kontrollinstanz einzurichten, die die Arbeit der Polizei überwacht. Ferner regten die Teilnehmer die Anfertigung einer Dokumentation von Fallbeispielen von Polizei-Willkür auch in Marburg an. Ihr Kommentar |
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