Text von Samstag, 20. März 2004
Ein Jahr danach: Eilig ausgebombte Wahrheit | ||
Marburg * (FJH)
Die Welt hielt den Atem an. Doch kaum jemand glaubte noch, dass der Krieg zu verhindern sein könnte. In der Nacht zum 20. März 2003 griffen US-Truppen und ihre Verbündeten dann den Irak an. Monatelange Proteste in aller Welt hatten vorher versucht, den US-Präsidenten George W. Bush und seine Bundesgenossen von ihrem zerstörerischen Vorhaben abzubringen. Auch in Marburg fanden zahlreiche Demonstrationen statt. Viele hielten die Behauptung, der irakische Diktator Saddam Hussein verfüge über Massenvernichtungswaffen und wolle sie auch einsetzen, für einen Vorwand. Bush und seinen Kriegskameraden gehe es in Wahrheit ums irakische Öl, hieß es immer wieder. Inzwischen ist offiziell, was schon vor Kriegsbeginn schon viele wussten: Die gefährlichen Waffen Saddam Husseins waren entweder frei erfunden oder zumindestens grob übertrieben. Doch jetzt stehen US-Truppen und Einheiten von 29 anderen Ländern im Irak. Offiziell hat Bush die Kampfhandlungen am 1. Mai 2003 beendet. Doch nach wie vor kann von Frieden im Irak keine Rede sein. Tagtäglich explodieren Sprengsätze, werden Raketen abgefeuert oder Polizeistationen angegriffen. Die Sicherheitslage im Irak ist schlimmer als je zuvor! Doch der Terror wütet nicht nur im Irak; am 11. März ist er auch in einer europäischen Hauptstadt angekommen. 202 Menschen starben in Madrid; rund 1.500 weitere wurden verletzt. Die "Bekämpfung des Terrorismus" ist nun in aller Munde. Besonders Politiker propagieren hier eine härtere Gangart. Ein europäverzeichnet r Anti-Terror-Beauftragter soll´s künftig richten. Derweil werden in Deutschland und vielen seiner Nachbarstaaten soziale Grundrechte abgebaut. Die Ungerechtigkeit wird immer größer. Kaum etwas geschieht, um die Armut in der Welt wirksam zu bekämpfen. Im Gegenteil: Unter dem Stichwort "Globalisierung" werden die modernen Raubritter auf Aktienbasis immer dreister. "Soziale Marktwirtschaft", Deutschlands Erfolgsrezept direkt nach Kriegsende, erntet heute nur noch höhnisches Gelächter. Wirtschaft und Politik treiben dem Terror seinen Nachwuchs geradezu in die Arme. Wer das kritisiert, der wird leicht selber zum Opfer arroganter Besserwisserei im Stil "ewig gestrige Konzepte aus der Klamottenkiste" oder er zieht gar den Zorn der Ermittlungsbehörden auf sich wie der Marburger Metzgermeister Franz Becker. Das erste Opfer jedes Krieges ist die Wahrheit, weiß ein bekanntes Sprichwort leider zu Recht. Im Irak-Krieg fiel sie schon den Planungen im Vorfeld zum Opfer. Geholfen hat das militärische Muskelspiel mit Menschen, Bomben und anderen Waffen dem bitter armen Land nicht. Zerstörung und weitere Armut sind vielmehr die Folge des Waffengangs. Auch der Krieg im Kosowo konnte die Verhältnisse dort nicht wirklich befrieden. Genau am Jahrestag des Kriegsbeginns im Irak starten nun 600 deutsche Soldaten, um auf dem Balkan für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Gelöst haben die NATO-Truppen im Kosowo die ethnischen Konflikte zwischen Serben und Albanern trotz jahrelanger Präsenz nicht. So mag man sich fragen: Wie viele Jahre werden US-Soldaten in Bagdad bleiben? Doch manche stellen angesichts der ernüchtenden Wahrheit auch die Frage: Wie lange wird George W. Bush noch im Weißen Haus bleiben? Und welche Lügen werden uns künftig aufgetischt, um wahnsinnige Projekte von Politikern zu legitimieren? Ihr Kommentar |
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