Text von Sonntag, 13. Juni 2004
Wahltag: Unzufriedenheit mit der EU-Politik | ||
Marburg * (fjh)
Gähnend leere Wahllokale kennzeichneten am Sonntag (13. Juni) den Auftakt zur Europa-Wahl. Hatte die wahlbeteiligung bei der letzten Abstimmung im Jahr 1999 hessenweit schon unter 50 Prozent gelegen, so fiel sie dieses Mal noch geringer aus. Weniger als 3 Prozent der Stimmberechtigten hatten bis 11 Uhr bereits ihr Kreuz gemacht. Mit 20,4 Prozent lag die Wahlbeteiligung bis 14 Uhr bundesweit um 0,8 Prozentpunkte niedrieger als 1999. Auch hier waren die Menschen in Hessen noch zögerlicher: Nicht einmal jeder fünfte Hesse ging bis 14 Uhr wählen. Auch am Abend war der Anteil der Nichtwähler mit knapp 60 Prozent deutlich größer als der der Wähler. So wurden auch die Marburger Wahllokale nicht gerade vom Andrang der Wahlberechtigten überrolt. Schlangen vor der Urne gab es kaum. Bei wechselhaftem Wetter mag mancher die Stimmabgabe aber möglicherweise auf den Nachmittag verschoben haben. Mit 42% lag die Wahlbeteiligung am Ende aber immer noch höher als im Kreisgebiet, wo nur 36,6 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben haben. In jedem Fall schlägt sich in der geringen Wahlbeteiligung die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit der Politik sowohl in Berlin wie auch in Brüssel und Straßburg nieder. Europakritische Parteien haben in denjenigen EU-Ländern gut abgeschnitten, wo die Stimmen bereits ausgezählt sind. Für die Menschen ist die EU viel zu weit weg. Ein Debakel hat bei dieser Wahl die SPD erlitten. Nach ersten Hochrechnungen erreicht sie nicht einmal 23 Prozent. Der Verlust von mehr als 7 Prozentpunkten ist die Strafe für ihre unsoziale Politik auf Bundesebene. Konnte die SPD bei der Bundestagswahl 2002 noch 19 Millionen Menschen zu einem Kreuz auf ihrer Wahlliste bewegen, so schrumpfte die Zahl der SPD-Unterstützer bei der Europa-Wahl auf nur noch rund 5 Millionen zusammen. Das sollte den Parteioberen ein Alarmsignal sein! Mit einer Politik, die sich von der CDU nur durch ihre Rechtfertigungsversuche unterscheidet, kann die sozialdemokratische Stammwählerschaft nicht mehr mobilisiert werden. Und wer sonst sollte die SPD wählen, wenn er mit der CDU gleich das Original haben kann? Auf gut 11 Prozent zulegen konnten trotz ihrer Regierungsbeteiligung in Berlin die Grünen. Aber sie waren schließlich die einzigen Bewerber, die einen echten Europa-Wahlkampf gemacht haben.Auch FDP und PDS sind mit rund 6 Prozent im Europa-Parlament vertreten. Dazu hat ihnen auch die geringe Wahlbeteiligung verholfen. Strahlender Sieger ist - trotz geringfügiger Stimmenverluste - allerdings die CDU/CSU. Mit gut 45 Prozent hat sie mehr als doppelt so viel Stimmen auf sich vereinigen können wie die SPD. Die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel deutet dieses Ergebenis als Vorboten eines Regierungswechsels in Berlin. Tatsächlich ist es aber weniger ein Erfolg der christsozialen Wahlkämpfer als vielmehr die Kehrseite des sozialdemokratischen Misserfolgs. Die Bundesbevölkerung ist nicht konservativer geworden, sondern nur der herrschenden Politik überdrüssig. Da müssen sich alle Politikerinnen und Politiker dringend etwas einfallen lassen! | ||
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