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Text von Freitag, 12. März 2004

 
Unsozial: Lebenshilfe beklagt Belastungen
  Marburg * (lyg/pm)
Mit einer Unterschriftenaktion protestiert die Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung gegen die von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Einschnitte für Empfänger von Grundsicherung und Sozialhilfe. Diese Mehrbelastungen waren auch Thema beim Parlamentarierabend der Bundesvereinigung Lebenshilfe (BVLH) am Donnerstag (11. März) in Berlin. Das teilte die Behindertenorganisation am Freitag (12. März) in Marburg mit.
Zu den rund 150 Gästen des Parlamentarierabends zählten Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. Thierse lobte die Lebenshilfe als Vorbild für gesellschaftliche Teilhabe geistig behinderter Menschen. Als deren Sprecher aber beklagten Ingrid Völl und Achim Wegmer die aktuellen Verschlechterungen.
Stellen wir uns Frau M. vor, 67 Jahre, geistig behindert. Sie lebt in einem Wohnheim. Von ihren 700 Euro Rente, die sie sich in jahrzehntelanger Arbeit in der Werkstatt für behinderte Menschen erarbeitet hat, blieb ihr bisher der "Zusatzbarbetrag" von 35 Euro. Allerdings wird ihr auch der ab Januar 2005 gestrichen.
Vom Heim erhält sie dann nur noch den "Barbetrag" von 89 Euro monatlich. Dieses Taschengeld muss für notwendige Ausgaben wie für den Friseur oder Hygieneartikel ebenso langen wie für einen Besuch im Cafe oder im Kino. Extra-Vergnügen wie mal ein Ausflug sind nicht mehr drin.
Doch es geht noch weiter. Frau M. trifft die neue Belastung durch die Gesundheitsreform besonders hart: Nicht nur, dass sie nun auch noch rund 80 Euro jährlich an Zuzahlungen leisten muss, von denen sie bisher befreit war. Hinzu kommen die Kosten für Medikamente und Heilmittel, die von den Ärzten nicht mehr verordnet und von der Sozialhilfe nicht übernommen werden. Frau M. kann sich eine Krankheit einfach nicht mehr leisten!
"Es ist ungerecht und nimmt den Betroffenen die Chance auf eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, wenn diese bis zu 30 Prozent Einbußen bei dem ihnen zur Verfügung stehenden "Taschengeld" hinnehmen müssen", erklärt die Lebenshilfe.
Sie fordert den Gesetzgeber auf, die Zuzahlungspflicht zu den Kosten der Gesundheitsversorgung für Empfänger von Grundsicherung und Sozialhilfe zurückzunehmen. Die Finanzierung notwendiger medizinischer Leistungen soll sichergestellt und der Beschluss zur Streichung des Zusatzbarbetrags für Heimbewohner solle aufgehoben werden.
 
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