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Text von Sonntag, 27. Juni 2004

> s o z i a l e s<
  
 Formen fühlen: Elisabethkirche in Bronze 
 Marburg * (fjh)
"Die meisten, die an das Tastmodell auf dem Marktplatz herantreten, sind nicht blind", hat Oberbürgermeister Dietrich Möller beobachtet. "Es sind Sehende, die die Augen schließen und das Modell abfingern, um dann zu schauen, ob es stimmt."
Zum "Tag des weißen Stockes" am 15. Oktober war beim Marktbrunnen ein Tastmodell des Marktplatzes aufgestellt worden. Ein gleichartiges Bronzemodell der Elisabethkirche wurde am Sonntag (27. Juni) vor dem Südportal des gothischen Gotteshauses enthüllt.
Auch dieses Modell hat wieder die Kunstgießerei Wolfgang Pfeifer in Stadtallendorf in liebevoller Detailarbeit hergestellt. Das Projekt wurde vom Lions-Club Marburg, der Stadt Marburg und der Deutschen Blindenstudienanstalt (BliStA) verwirklicht.
Es zeigt die Elisabethkirche sowie die benachbarten Gebäude des ehemaligen Klosters des Deutschherrenordens. Das Modell im Maßstab 1 zu 120 ist sowohl in der tastbaren Brailleschrift wie auch in eingravierten lateinischen Buchstaben beschriftet. Es ist auf einem Sandsteinsockel vor dem Südportal der Elisabethkirche angebracht.
Die spitzbögigen Fenster der frühgothischen Kirche haben die Modellbauer ebenso nachempfunden wie die Wasserspeier am Dach oder die schmalen Gänge im oberen Bereich der Außenwände. Den kreuzförmigen Grundriss des 1273 geweihten Gotteshauses können Interessierte an dem frei zugänglichen Bronzemodell künftig ebenso ertasten wie die Form der Dächer und Türme.
Mit diesem Modell wird Marburgs berühmteste Kirche nicht nur den vielen Menschen mit starken Sehbeeinträchtigungen begreiflich gemacht; sie wird dadurch auch sehenden Besucherinnen und Besuchern viel besser veranschaulicht als durch den bloßen Blick auf eine ihrer Fassaden. Die detailreiche Darstellung vermittelt zahlreiche "Aha"-Effekte.
Und so möchte Möller die Reihe der bronzenen Tastmodelle von bedeutenden Marburger Bauwerken nun auch noch mit dem Landgrafenschloss krönen. Nach dem Motto "Aller guten Dinge sind drei" kündigte er an, auch dafür noch die notwendigen Sponsoren zu gewinnen.
"Das ist gut", bewertete der Oberbürgermeister seine Beobachtungen beim Marktbrunnen. "Menschen aus aller Herren Länder stehen vor dem Modell und betasten es."
 
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