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Text von Montag, 8. März 2004

 
Kern-Kompetenz: Zum 125. Geburtstag von Otto Hahn
  Marburg * (FJH)
"Mein Sohn sitzt in marburg und trinkt Bier", schrieb der Frankfurter Glaser Heinrich Hahn über seinen Sprössling. Als Chemiestudent an der Philipps-Universität hat sich der junge Mann kaum anders verhalten als Generationen vor und nach ihm. Als Forscher gelang ihm 1938 dann aber eine bahnbrechende Entdeckung. Ohne Otto Hahn wäre weder die zivile Nutzung der Atomenergie, noch die Atombombe möglich .
Am 8. März 1879 erblickte Otto Hahn als Sohn des Geschäftsmanns und gelernten Glasers Heinrich Hahn in Frankfurt das Licht der Welt. In seiner Vaterstadt besuchte der Junge die Schülervorlesungen des Physikalischen Vereins. Dabei beeindruckte ihn die begeisterte Vortragsweise des Chemikers Martin Freund.
So begann Hahn 1897 an der Philipps-Universität in Marburg das Studium der Chemie. Seine Studentenzeit verbrachte er teils in Marburg, teils in München. 1901 promovierte Hahn zum Dr. phil. und kehrte anschließend als Assistent seines Doktorvaters Zincke an die Philipps-Universität nach Marburg zurück.
Während eines Forschungsaufenthalts in London konnte Hahn 1904 bei Sir William Ramsay seine chemischen Kenntnisse vertiefen. Ramsay hatte die Edelgase entdeckt und dafür 1904 den Nobelpreis für Chemie erhalten. Jetzt interessierte er sich für radioaktive Atome.
Hahn sollte ihm aus einem radiumhaltigen Salz das Radium abtrennen. Mit eisernem Fleiß meisterte er diese Aufgabe und entdeckte dabei das Thorium.
Ramsay überredete ihn daraufhin,Radiochemiker zu werden. Er versprach Hahn, ihm einen Arbeitsplatz bei Emil Fischer in Berlin zu besorgen. Fischer hatte 1902 den Nobelpreis für Chemie erhalten.
Vorher ging Hahn aber noch zu Ernest Rutherford nach Montreal in Kanada . Schon damals war er der beste Kenner der Radioaktivität. Der Wissenschaftler erhielt 1908 den Nobelpreis für Chemie.
In Montreal entdeckte Hahn das Actinium. Die Zeit bei Rutherford gehört zu Hahns liebsten Erinnerungen.
Ostern 1907 kam Hahn dann in das Berliner Chemische Universitäts-Institut. Ramsays Fürsprache hatte Emil Fischer so weit freundlich gestimmt, dass er Hahn eine nicht mehr benötigte Holzwerkstatt als Laboratorium überließ und 1912 auch dessen Habilitation durchsetzte.
Am neugegründeten Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin-Dahlem, zu dessen Direktor er 1928 berufen wurde, lernte Hahn die gleichaltrige Lise Meitner kennen, die in Wien über Radioaktivität gearbeitet hatte.
Gemeinsam gelang beiden die Entdeckung der Emaniermethode und Fällungsregel. 1917 fanden sie das Protactinium.
Der engen Zusammenarbeit Hahns mit der Jüdin Lise Meitner setzte die Nazi-Diktatur 1938 ein Ende. Mit einem - in kleinstem Kreis erdachten - Plan gelang ihr am 17. Juli 1938 die Flucht nach Holland. Sie ging dann über Kopenhagen weiter nach Stockholm.
Mit seinem neuen Mitarbeiter Fritz Strassmann vollendete Hahn den berühmt gewordenen Versuch, bei dem erstmals die Spaltung des Uran-Kerns durch Neutronen gelang. Bei dieser Kernspaltung wurden vorher nicht vorstellbare Mengen von Energie freigesetzt. Damit waren die Voraussetzungen zur technischen Nutzung der Kernenergie, aber auch zur Herstellung von Atomwaffen gelegt.
"Atomkerne sind seit 1934 gespalten worden, von Fermi, Joliot-Curie, Mitarbeitern Rutherfords und auch von uns. Aber wir alle haben das nicht gemerkt", schrieb Hahn später. "Als wir dann unsere entscheidende Arbeit veröffentlicht hatten, wurde sie überall sofort bestätigt."
Während des Zweiten Weltkrieges konzentrierte sich Hahns Arbeit auf die Isolierung und Identifizierung neuer unbekannter Atomarten, die bei der Urankernzertrümmerung als radioaktive "Spaltprodukte" entstehen. Ihn bedrückte die Vorstellung, Adolf Hitler könnte dank seiner Entdeckung in den Bsitz einer Atombombe gelangen.
Nach Kriegsende wurde Hahn - wie andere führende deutsche Wissenschaftler auch - in England interniert. Nach dem Abwurf der ersten Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki begann Hahn, sich für eine Nichtverbreitung derartieger Waffen einzusetzen.
Im November 1945 erhielt Otto Hahn den Nobelpreis 1944 für Chemie.
Von 1948 bis 1960 war der Atomphysiker Präsident der "Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften", der Nachfolgeorganisation des "Kaiser-Wilhelm-Institutes". In dieser Eigenschaft forderte er immer wieder ein Atomwaffenverbot. 1957 unterzeichnete Hahn den Göttinger "Erklärung der 18 Atomwissenschaftler" gegen die Aufrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen.
1959 wurde in Berlin das Hahn-Meitner-Institut für Kernforschung gegründet. Am 28. Juli 1968 starb Prof. Otto Hahn in Göttingen. durch meisterhafte, minuziöse, unentwegte Kleinarbeit haben Otto Hahn, Lise Meitner und Fritz Straßmann das Atom-Zeitalter geschaffen.
 
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