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Text von Donnerstag, 28. Oktober 2004

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 Ornitomanie: Eine lebendige Stunde Berthold 
 Marburg * (atn)
Vogelzug, ein "Phänomen der absoluten Superlative!" Woher weiss ein Vogel eigentlich, ob er ziehen soll oder nicht? Woher weiss er, wann er aufbrechen soll? Wohin soll er überhaupt aufbrechen und wann ist sein Flug beendet?
Antwort auf Kernfragen des Vogelzugs gab am Mittwoch (27. Oktober) Prof. Peter Berthold im Auditorium Maximum der Philipps-Universität. Im Rahmen der neuen Ringvorlesung unter dem Titel "Verhältnis: Mensch und Tier" zog der weltweit führende Vogelzugforscher die zahlreichen Hörer mit einem flammend vorgetragenen Beitrag in seinen Bann.
Vor einem halben Jahrhundert trat Berthold in die Vogelforschung ein. Seither beschäftigt er sich mit der - wie er sagte - "attraktivsten Gruppe von Lebewesen". Er leitet das Max-Planck-Institut für Ornithologie. Im Laufe seiner Wissenschaftlerkarriere ist er mit vielen Preisen geehrt worden.
Ob aufgrund von Farbe, Gesang, Bewegung oder Verhalten, die allgegenwärtigen Vögel beschäftigten so viele Wissenschaftler wie keine andere Art. Das wurde während des Vortrages immer verständlicher. Aus einem schier unerschöpflich scheinenden Wissensschatz schöpfte Berthold erstaunliche Fakten über die zarten geflügelten Wesen: 50 Milliarden wandern jedes Jahr rund um den Globus. Schwalben erreichen dabei eine Lebens-Wanderleistung von mehreren Millionen Kilometern! Der nur 4g schwere Kolibri futtert sich 2g Fett an, um damit am Stück die 1000km über den Golf von Mexiko zu schwirren! Vögel "schmelzen" Teile ihrer Innereien ein, um leichter zu sein, denn während der Reise benötigen sie den Verdauungstrakt nicht!
Auch Zucht und Forschung spielten in dem Vortrag eine Rolle. Berthold und andere Wissenschaftler untersuchten mit Hilfe von gezüchteten Hybriden, inwieweit der Vogelzug angeboren ist. Sie kamen zu erstaunlichen Ergebnissen: Das Erbgut der Vögel reagiere relativ schnell auf Veränderungen. So werde die Vogelzugforschung "ein interessantes Modell zur Evolutionsforschung". Darüberhinaus gebe sie Aufschluss über Klimaveränderungen. Denn das Wanderverhalten der Vögel passe sich den Gegebenheiten auf der Erde an.
Er könne die ganze Nacht reden und den morgigen Tag noch dazu, sagte Berthold. Dies zu glauben fällt leicht. Doch die relativ knappe Zeit reichte aus, um Hochachtung und Respekt für die - den Menschen in so vielen Dingen überlegenen - Lebewesen zu wecken. Und Interesse an ihrer Zukunft. Bertholds "Ornithophilie" war ansteckend.
 
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