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Text von Montag, 15. November 2004

> b i l d u n g<
  
 Gentechnik: Welternährer oder Weltvernichter? 
 Marburg * (sts)
"Den Chancen und den Risiken der Grünen Gentechnik Transparenz zu verleihen", mit dieser Vorgabe begann das Hearing im Kreistagssaal des Landratsamtes. Am Freitag (12. November) fanden sich zahlreiche Abgeordnete und Gäste ein, um sich ein eigenes Bild aus den kontroversen Expertenmeinungen zu machen. Für das "Pro" in der Diskussion sorgte Prof. Dr. Wolfgang Friedt von der Universität Gießen, für das "Contra" Frank Simon von Greenpeace.
"Die Gentechnik ist die methodische Spitze der Biotechnologie und damit auch der konventionellen Züchtung", sagte Friedt eingangs seines Vortrages. Mit Hilfe der Gentechnologie könnten der Pflanzenschutz und die Pflanzengesundheit verbessert und damit einhergehend die Erträge gesteigert werden.
Außerdem sei es möglich, durch Veränderung der Pflanzeninhaltsstoffe die Produktqualität zu verbessern. So könnte zum Beispiel der Anteil der ernährungsphysiologisch wertvollen mehrfach ungesättigten Fettsäuren in Ölpflanzen durch Gen-Manipulation erhöht werden. In gleicher Weise sei dies auch für den Vitamin-E-Gehalt durchführbar, so der Agrarwissenschaftler Friedt.
Weltweit würden bereits 67 Millionen Hektar Land mit gen-manipulierten Pflanzen bewirtschaftet.
Beim Anbau von Soja stammten bereits über die Hälfte der jährlichen Erträge von Gen-Soja-Feldern. Rund 20.000 Lebensmittel enthielten weltweit Soja-Bestandteile. Der tagtägliche Konsum sei also unwissentlich bereits im vollen Gange.
Deutschland dürfe sich als ein hochindustrieller Staat den Möglichkeiten der modernen Biotechnologie aus Wettbewerbsgründen nicht verschließen, meinte Friedt am Ende seiner Ausführungen.
Simon stellte die Risiken in den Vordergrund seiner Argumentation. Besonders die Gefahr einer ungewollten Verbreitung von gen-manipulierten Pflanzen durch Luft und Boden sowie die Entwicklung von Antibiotika-Resistenzen in den Pflanzen seien hier in erster Linie zu nennen. Schädlings-resistente Pflanzen töteten oftmals auch Nützlinge. Unerwünschte Nebeneffekte wie die Verholzung des Gewächses seien oftmals nicht auszuschließen und könnten zu dramatischen Ernteausfällen führen.
Simon nannte zahlreiche Beispiele von fehlgeschlagenen Gen-Experimenten weltweit. In vielen Fällen seien bessere Ergebnisse durch herkömmliche Züchtungsmethoden erzielt worden.
Auch Gesundheitsschädigungen für den Menschen durch gen-manipulierte Nahrung seien weiterhin nicht auszuschließen. In dieser Richtung werde überhaupt erst seit zehn Jahren geforscht.
"Ist die Pandora erst mal aus der Dose gelassen, ist es schwer, sie wieder einzufangen. Hochtechnisierte Landwirtschaft muss nicht gleich Gentechnik bedeuten", sagte Simon am Schluss seines Vortrages.
Auch die anschließende Diskussion im Plenum fand gleichermaßen Befürworter wie Gegner der Grünen Gentechnik. Insoweit hatte die Veranstaltung ihrem Ziel von mehr Transparenz des Themas genüge getan.
 
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