Text von Freitag, 14. Oktober 2005
Hass vernichtet: Mit Kelle, Pinsel und Farbe | ||
Marburg * (fjh)
"Sie sieht die Zeichen an der Wand" lautete der Titel einer Veranstaltung mit Irmela Mensah-Schramm. Auf Einladung der Humanistischen Union (HU) und des Allgemeinen Studierenden-Ausschusses (AStA) stellte die Berliner Aktionskünstlerin am Donnerstag (13. Oktober) im Cafe am Grün ihre Arbeit vor. Seit 1986 rückt Mensah-Schrhamm allen Nazi-Symbolen auf die Pelle, die sie irgendwo findet. Zunächst fotografiert sie die Hakenkreuze, SS-Runen, Wolfsangeln oder menschenverachtenden Losungen. Dann versucht sie, sie zu entfernen oder zu übermalen. Mit diesem Vorgehen wolle sie eine Auseinandersetzung mit dem Faschismus im Alltag provozieren, erklärte sie. Die Reaktionen der Passanten seien dabei indes sehr unterschiedlich. Während einige mit Unverständnis und andere mit Gleichgültigkeit oder gar eisiger Ablehnung reagierten, gebe es auch sehr freundliche oder gar überschwengliche Zustimmung. "Ein Mann hat mich mal vor den Augen seiner Frau in den Arm genommen", berichtete die Berlinerin. Hunderte von Fotos der Nazi-Symbole oder von volksverhetzenden Sprüchen an Mauern und Wänden oder auf Plakaten hat Mensah-Schramm inzwischen gesammelt. Daraus hat sie ihre Ausstellung "Hass vernichtet" zusammengestellt. Bereits 207-mal hat sie dieses Material öffentlich präsentiert. Besonders großes Interesse erntete die Ausstellung in der Berliner Polizeischule, berichtete Mensah-Schramm. Sie habe gar nicht alle interessierten Nachwuchs-Polizisten selbst durch die Präsentation führen können. Hinterher hätten sich die Zu-Kurz-Gekommenen beschwert. Die Einträge der Polizeischüler in das Gästebuch der Ausstellung seien sehr positiv gewesen, freute sich Mensah-Schramm. Auch Neonazis stünden ihr nicht immer nur ablehnend gegenüber, berichtet sie. Zwar habe sie aus diesen Kreisen schon mehrfach Morddrohungen erhalten. Ein Neofaschist habe auch einmal versucht, sie mit seinem Motorrad umzufahren. Doch habe sie auch schon wiederholt erlebt, dass ihr Wirken an Wänden selbst bei Neonazis Aha-Effekte ausgelöst habe. Mitunter habe sie die Klicks im Gehirn beinahe hören können. Gerne geht die Berlinerin auch in Schulklassen. Gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen enternt sie dann Hass-Parolen im Umfeld der Schule. Ein Effekt ihrer Arbeit sei, dass die Menschen hinterher aufmerksamer durch ihre Umgebung laufen, bemerkte sie. Sie selbst sehe fast überall neofaschistische oder gewaltverherrlichende Zeichen, Parolen und Aufkleber. Nationalsozialistischen Symbolen und ausländerfeindlichen Sprüchen rückt Mensa-Schramm ebenso mit Kelle, Pinsel und Farbe auf die Pelle wie jeglichem Aufruf zur Gewalt. Auch gewalttätige Losungen gegen die Polizei lässt sie nicht stehen. In Marburg will Mensah-Schramm dem Gerichtsprozess gegen den Amöneburger Physiker Dr. Ulrich Brosa beiwohnen. Er steht am Freitag (14. Oktober) in zweiter Instanz vor dem Landgericht wegen "Falscher Verdächtigugn" gegenüber Polizeibeamten. Bei einer gemeinsamen Aktion von Brosa und Mensah-Schramm gegen eine Wolfsangel an einer Garagenwand in Kirchhain hatten die hinzugerufenen Polizisten die angegebene Adresse erst nach mehrfachem Vorbeifahren und einem nochmaligen Anruf gefunden. Auch im Marburger Stadtgebiet könne man immer wieder auf neofaschistische Zeichen stoßen, berichtete Fabian Rehm. Der Anitfaschismus- und Antirassismus-Referent des ASTA nannte dabei vor allem die Philosophische Fakultät. Dort seien nehezu ständig NS-Symbole zu sehen. Man finde sie aber auch in Toiletten der verschiedenen Universitätsinstitute. Nicht zuletzt deswegen möchte der HU-Ortsverband Marburg die Ausstellung "Hass vernichtet" im Frühjahr 2006 auch in Marburg zeigen. Zur Eröffnung wird Irmela Mensah-Schramm dann auch wieder nach Marburg kommen. | ||
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