Text von Donnerstag, 24. Februar 2005
Keep smiling: Eine Offensive mit Charme? | ||
Marburg * (fjh)
"Charme-Offensive" nennen Diplomaten die neue US-Politik gegenüber dem "alten Europa". Der Besuch des amerikanischen Präsidenten George W. Bush in Europa war Teil dieser Offensive. Mit Charme hat sie allerdings sehr wenig zu tun. Unwiderstehlichen Charme übt auf die Bush-Regierung das Erdöl aus. Schließlich verfügen Vater Bush und Vizepräsident Dick Cheney über enge Verbindungen zum Ölgeschäft. Im Iran und Syrien können amerikanische Ölfirmen schnell fündig werden. Sie müssen dafür nicht einmal suchen. Und wenn schon das schwarze Gold im Irak wegen der täglichen Attentate teuer wird, dann spekulieren einige in Amerika auf weitere Quellen für schnelle Petro-Dollars. Ziel ist dabei, den Strom der flüssigen Energiereserve für die nächsten Jahre abzusichern. Dann kann sich die US-Wirtschaft auch ernstere Anstrengungen beim Energiesparen und die Regierung ihre Unterschrift unter das Kyoto-Protokoll sparen. Bushs Besuch in Brüssel, Mainz und Bratislava diente der Vorbereitung weiterer Aktivitäten in dieser Richtung. Dabei hat er die europäischen Staatsmänner auf Linie gebracht. Kontroverse Diskussionen und ein Auseinander-Driften wie vor dem Irak-Krieg will die US-Regierung diesmal vermeiden. So macht man auf freundlich und gelöst nach der Devise "Keep smiling!" Auch den russischen Präsidenten Valentin Putin holt Bush mit ins Boot. Persönlich spricht er mit ihm in Bratislava die Linie ab, wie mit dem Iran und mit Syrien umgegangen werden soll. Die beiden Machtpolitiker werden sich dabei schon einigen. Derweil machen Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer gute Miene zum bösen Spiel. Nachdem Bush die Droh-Kulisse aufgebaut hat, dürfen sie nun verhandeln. Erreichen sie bis zu einem festgelegten Zeitpunkt nicht das gewünschte Ergebnis, dann werden sie sich der bombigen Strategie des George W. Bush unterordnen müssen. Die Diplomatie hat wohl nur noch eine Galgenfrist, bevor die Militärs wieder losschlagen. Der "Charme" dieser Offensive ist dann aber, dass auch das "alte Europa" brav mitmarschiert. Deswegen sahen Schröder und Fischer beim Bush-Besuch in Mainz am Mittwoch (23. Februar) trotz manchen demonstrativen Lächelns echt alt aus. | ||
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