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Text von Sonntag, 29. Mai 2005

> p o l i t i k<
  
 Verschlamptes Leben: Strahlen in der Spaßgesellschaft 
 Marburg * (fjh)
Vor rund 25 Jahren hat die britische Regierung Windscale einfach umbenannt. Nach mehreren Atom-Unfällen hatte der Name einen zu schlechten Klang. Nun müsste Premierminister Toni Blair wohl wiederholen, was ihm Margret Thatcher damals orgemacht hat, denn der neue Name "Sellerfield" hat inzwischen auch keinen besseren Klang mehr.
Mehr als 83.000 Liter hochradioaktive Flüssigkeit sind über Monate hinweg aus der britischen Wiederaufbereitungsanlage "Sellerfield" ausgetreten. Angeblich hat niemand das Leck in einer Leitung bemerkt. Offenbar war die Aufmerksamkeit in dieser hochsensiblen Anlage nicht gerade groß gewesen.
Nachlässigkeit und Schlampigkeit scheinen sich in den letzten Jahren mehr und mehr verbreitet zu haben. Disziplin mutiert allmählich zu eine Begriff aus dem Wortschatz der Väter und Großväter. Dieses Wort war in Deutschland ja auch einmal böse missbraucht worden!
"Spaßgesellschaft" nennt man die Tendenz vieler Zeitgenossen, sich allein auf die angenehmen Seiten des Lebens zu konzentrieren. Unangenehmes möchten sie am liebsten gar nicht an sich heranlassen. Fun, Feiern und Ficken lautet ihre fröhliche Forderung an den alltag.
Doch während si von einer Fete zur anderen düsen, verliert das Feiern seinen eigentlichen Sinn. Wo ist noch der Kick, der aus dem Alltäglichen hoch herausragt?
Das Auskosten der primitiven Angebote einer hohlen Spaßgesellschaft macht schließlich keinen Spaß mehr. Und das Wegrennen vor der gesellschaftlichen Verantwortung führt zu Katastrophen wie der in Sellerfield. Wer weiß, wie die Nachbarn der Anlage jetzt strahlen? Jedenfalls ist die Sorgfalt der Betreiber dieser Atom-Fabrik gewiss kein strahlendes Vorbild!
 
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