Text von Dienstag, 15. November 2005
Sieg der Integration: Fremdenfeindliche Medien? | ||
Marburg * (fjh)
Das Bild von Migrantinnen und Migranten in den Medien war Thema beim "Runden Tisch Integration". Knapp 30 Personen hatten sich dazu am Montag (14. November) in den Räumen des islamischen Kulturvereins "Hadara" auf dem Richtsberg eingefunden. Eingeladen hatte Klaus Schäfer vom Büro für Integration des Landkreises Marburg-Biedenkopf. Bei der Berichterstattung über ausländische Mitmenschen sei häufig ein latenter Rassismus festzustellen, bemängelten mehrere Anwesende. Ihre Kritik untermauerten sie mit konkreten Beispielen aus der aktuellen Berichterstattung. "Filet jetzt in türkischer Hand" titelte die Marburger Neue Zeitung (MNZ) am Dienstag (11. Oktober). In dem Artikel berichtete die Tageszeitung vom Verkauf eines 2.500 Quadratmeter großen Grundstücks in Stadtallendorf. "Lautlos" sei das städtebauliche Filetstück "in andere Hände gegangen". Der Bericht erweckt den Eindruck, dass der neue Eigentümer dort ein "Billig-Hotel" errichten wolle. Befragt hat ihn der Journalist zu seinen Plänen aber nicht. Jahrelang habe sich die Stadt um den Kauf des Grundstücks bemüht. Bei einer Versteigerung hatte sie jedoch nicht aufgepasst. So erhielt ein türkischer Kaufmann den Zuschlag. Nun müsse die Stadt aufpassen, dass er ihre Pläne zur Bebauung des Areals um den Busbahnhof an der Niederkleiner Straße nicht durchkreuze. Kurt Bunke ersetzte das Wort "türkisch" in dem Artikel durch "jüdisch". So vorgelesen, war der Text mit einem Hetz-Artikel der nationalsozialistischen Propaganda-Postille " Der Stürmer" aus den 30er Jahren vergleichbar. Ein türkischer Bürger äußerte die Vermutung, die OP könne sich eine solche "Berichterstattung" leisten, weil nur wenige Ausländer diese Zeitung lesen. Andere stellten die Frage, wie man sich gegen solche Artikel wehren könne. In extremen Fällen kann man eine Beschwerde beim Deutschen Presserat in Bonn einlegen. Er prüft dann, ob der vorgelegte Artikel gegen einen der 16 berufsethischen Grundsätze des Presserats verstößt. Eine weitere Möglichkeit ist, kurze Leserbriefe an die jeweilige Zeitung zu schreiben. Je kürzer ihr Text, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie vollständig abgedruckt werden. Verärgert äußerten sich mehrere Teilnehmer über die Tendenz der Berichterstattung über Menschen mit einem Migrations-Hintergrund. Bei Straftaten werde häufig ihre Nationalität erwähnt, auch wenn sie nichts zur Sache tue. Sei ein Straftäter oder Beschuldigter Muslim, so werde auch das erwähnt. Andere Religionszugehörigkeiten hingegen lese man in der Zeitung in solchen Fällen fast nie. Nach einer eineinhalbstündigen Diskussion verabredeten die Teilnehmer des "Runden Tischs" eine weitere Auseinandersetzung mit dem Thema. Insbesondere wollen sie durch eine aktive Pressearbeit mehr eigene Themen in die Medien tragen. Fremdenfeindliche Artikel wollen sie in Zukunft offen kritisieren. Dabei hoffen sie auf die Einsicht der betreffenden Journalisten. Im Zweifelsfall sei aber auch die Redaktionsleitung mit dafür verantwortlich, dass die jeweilige Zeitung sich an das Diskriminierungsverbot des Deutschen Presserats hält. | ||
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