Text von Mittwoch, 23. Februar 2005
Genossenschaften: Anders als die Ackermännern | ||
Marburg * (fjh)
"Genossenschaften sind eine sehr sichere Geldanlage", erklärte Christian Sternberg. Der Mitbegründer und Vorstand der Hamburger "Mediendenkfabrik eG" referierte am Diensstag (22. Februar) auf Einladung der Humanistischen Union (HU) über "Genossenschafrten als demokratischere Alternative des Wirtschaftens". Vor gut 160 Jahren waren die ersten Genossenschaften als krative Form unbürokratischer Selbsthilfe entstanden. Während der NS-Diktatur wurde diese solidarische Form der Selbstorganisation durch eine einschränkende Gesetzgebung in ihrer weiteren Entfaltugn behindert. Das Kreditwesengesetz machte Spar- und Darlehensgenossenschaften praktisch unmöglich. Das Rabattgesetz hinderte Konsumgenossenschaften an einer Ausschüttugn ihrer Gewinne an die beteiligten Genossen. Nach dem Ende des Zw4eiten Weltkriegs starteten viele Genossenschaften unter denkbar schlechten Bedingungen und mti einer geringen Eigenkapitaldecke in die neue Bundesrepbublik. Großfusionen und die Misswirtschaft von Managern trieben vor allem viele Konsumgenossenschaften in die Pleite. Dennoch ist auch heute noch die 16.-größte Einzelhandeskette Deutschlands eine Genossenschaft. Eine neue Blüte erlebte das Genossenschaftswesen Ende der 70er Jahre mit dem Aufkommen von "selbstverwalteten" Alternativbetrieben. Die richtige Renaissance dieser Unternehmensform setzte aber erst mit dem "Anschluss" der einstigen DDR an die Bundesrepublik ein. Viele Handwerker wollten ihre genossenschaftliche Organisation au unter den neuen Marktbedingungen nicht aufgeben. Neue Prüfverbände spezialisierten sich nun vor allem auf junge Genossenschaften. Um eine Genossenschaft zu gründen, benötigt man sieben Mitstreiter. Sie zeichnen einen oder auch mehrere Anteile. In der Regel wird das eingezahlte Geld aber nicht verzinst. Im Gegensatz zu Aktiengesellschaften gilt zudem das Prinzip, dass alle Genossen gleiches Stimmrecht haben,a uch wenn sie utnerschieldich viele Anteile besitzen. Jede Genossenschaft muss sich einem Prüfverband anschließen. Er kontrolliert in regelmäßigen Abständen die Buchführung und das Wirtschaftsgebaren der Genossenschaft. Den - häufig ehrenamtlichen - Vorstand kontrollliert zudem ein Aufsichtsrat, der ebenfalls in regelmäßigen Abständen neu gewählt werden muss. Vordringliches Ziel einer Genossenschaft ist nicht die Gewinnmaximierugn. Vielmehr legen die Genossen bei der Gründung Förderziele fest, die dann den Geschäftszweck der Genossenschaft bilden. Selbstverständlich muss bei ihrer Verwirklichung sparsam und klug gewirtschaftet werden. Ziel einer Genossenschaft kann etwa die Förderung regionaler Wirtschaftsstrukturen sein. Als Beispiel hierfür nannte Sternberg die "Lurupter Stadtteilgenossenschaft" (LuSt). Sie hat leerstehende Büroräume im Hamburger Stadtteil Lurup übernommen und betreibt dort unterhält versammmlungsräume und steigert so die Lebensqualität im Viertel. Die Sicherung der eigenen Lebensqualität war das Ziel vieler Behinderter bei der Gründugn von Assistenzgenossenschaften. Als Genossen beschäftigen die Pflegebedürftigen ihre Hilfskräfte über den Zusammenschluss, der auch bei Krankheit und Ausscheiden eines Helfers die benötigte Leistugn absichert. Die größte Assistenzgenossenschaft Deutschlans ist in bremen beheimatet. Ebenfalls in der Hansestadt arbeitet auch die "Jariva eG". In dieser Genossenschaft haben sich IT-Fachleute zusammengeschlossen. Sie bieten über den Zusammenschluss ihre gemeinsame Arbeitsleistugn an potentielle Auftraggeber an. Auf dem Wege der Leih-Arbeit möchte die Mediendenkfabrik Hamburg öffentlich-rechtlichen rudnfunkanstalten die Leistugnen von qualifizierten Medienschaffenden vermitteln. Zudem stellt die Genossenschaft ihren Mitgliedern günstige Büros zur Verfügugn. Ein drittes Projekt der Mediendenkfabrik ist der Aufbau eine rKunstsammlugn im Leasing-Verfahren. In einer Investition von Geld in Genossenschaften sieht Sternberg aber nicht nur eine sichere Geldanlage, sondern auch eine Möglichkeit der Unterstützugn demokratischerer Wirtschaftsstrukuturen. Man stärke damit nicht "die Ackermänner dieser Welt", sondern sinnvolle Arbeit unter demokratischen Rahmenbedingungen. | ||
Ihr Kommentar |
© 2004 by fjh-Journalistenbüro, D-35037 Marburg