Text von Sonntag, 1. Mai 2005
Unwillig zu billig: Maikundgebung mit Würde | ||
Marburg * (fjh)
Ein "Ende der Bescheidenheit" forderte Klaus-Dieter körner am Sonntag (1. Mai). Der mittelhessische Bezirksvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt (IG BAU) war der Hauptredner der Maikundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) auf dem Marburger Marktplatz. Bei sommerlichen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein hatten sicht am Sonntagvormittag vor dem Rathaus gut 650 Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter versammelt. Scharf kritisierte Körner die Versuche von Unternehmen, das Lohn-Niveau in Deutschland weiter abzusenken. Schon jetzt arbeiteten 17 Prozent der Erwerbstätigen im Niedrig-Lohn-Sektor. Deswegen hält der Gewerkschafter Mindestlöhne für unverzichtbar. Gerade in der Bau-Branche hätten sie sich durchaus bewährt, resümierte er. Für gute Arbeit solle man aber auch gutes Geld verlangen. Den Angriff des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle auf die Gewerkschaften wies Körner zurück. Der Politiker hatte angekündigt, er wolle im Falle eines Wahlsiegs "die Gewerkschaften entmachten". "Mit uns nicht!", rief körner den Menschen auf dem gut gefüllten Marktplatz entgegen. Westerwelle solle sich doch "zu seinem Guidomobil und der kleinen politischen Minderheit, die er vertritt, scheren". Die Anwesenden rief Körner zu verstärktem gewerkschaftlichen Engagement auf: "Wir brauchen starke Gewerkschaften. Starke Gewerkschaften kann es aber nur geben, wenn viele dort mitmachen und sich zur Gewerkschaft bekennen." In der Erwerbslosengruppe der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft "ver.di" arbeitet Gudrund Siebke-Richter mit. Sie kritisierte die Gesetzgebung nach Hartz IV und deren Auswirkungen im Kreis. Da der Landkreis Marburg-Biedenkopf optiert hatte, die Umsetzung dieser sogenannten "Reform" selbst zu übernehmen, halte er sich auch nicht an die Durchführungsbestimmungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zum Sozialgesetzbuch II (SGB II). Das bringe den Betroffenen erhebliche Probleme. Vor allem mangele es an der notwendigen Rechtssicherheit, meinte sie. Von einer Klage des Personalrats der Stadt Marburg vor dem Verwaltungsgericht berichtete Barbara Zimmermann. Sie ist Vorsitzende des Personalrats der Stadt. Mit der Klage fordert die Vertretung der städtischen Bediensteten ein Mitspracherecht bei der Einrichtung von sogenannten "Ein-Euro-Jobs" ein. Dem Personalrat werde immer gesagt, diese Stellen seien - wie es das Gesetz vorschreibt - "zusätzlich". Doch definiere Oberbürgermeister Dietrich Möller alles als "zusätzlich", was er nicht mehr bezahlen könne oder wolle. "Irgendwann werden dann auch unsere Stellen zusätzlich", argwöhnte Zimmermann. Deswegen wisse sie sich mit den Erwerbslosen einig im Kampf gegen die "Ein-Euro-Jobs". Einen schändlichen Umgang mit der Menschenwürde hat Matthias Körner bei vielen Arbeitgebern ausgemacht. Der Landesjugenddsekretär des DGB Hessen zog Parallelen zwischen dem utilitarischen Umgang mit Arbeitskräften heute und der Nazi-Ideologie vom angeblich "lebensunwerten Leben". Seine Zusammenfassung brachte er auf die Formel: "Faschismus ist keine Gesinnung. Faschismus ist ein Verbrechen." Die geplante Privatisierung der Universitätskliniken in Gießen und Marburg unter einem gemeinsamen Dach kritisierte Betina Böttcher vom Personalrat des Marburger Klinikums. Sie befürchtet einen Stellenabbau und schlechtere Bedinungen für das Personal wie auch für die Patienten. 22.000 Unterschriften habe man bereits gegen die Pläne der CDU-Landesregierung gesammelt, berichtete das ver.di-Mitglied. Für Freitag (20. Mai) rief sie zu einer Demonstration gegen die Klinik-Fusion auf. Die Bildungspolitik schließlich stand im Mittelpunkt der Rede von Lena Berendis. Die Vorsitzende des Allgemeinen Studierenden-Ausschusses (AStA) beklagte die je nach sozialer Herkunft unterschiedlichen Zukunftschancen junger Menschen. Mit der geplanten Einführung von Studiengebühren werde dies noch drastischer, prognostizierte die AstA-Vorsitzende. Nach anfänglichen Aktionen der Studentinnen und Studenten sei der Protest jetzt aber wieder abgeflacht. Sie habe den Eindruck, viele hätten sich an diese Politik inzwischen gewöhnt. Das bedauerte Berendis. Wenn alle, die unzufrieden sind, auf die Straße gingen, dann wären Büros und betriebe beinahe leer, vermutete sie. Daher forderte sie die Unzufriedenen auf, ihren Protest sichtbar auszudrücken. | ||
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