Text von Dienstag, 21. Februar 2006
Klasse und Masse: Theater sehen, Theater spielen | ||
Marburg * (fjh)
"Back to the Routes!" Mit diesen Worten charakterisierte Norbert Ebel das Programm der "11. Hessischen Kinder- und Jugendtheaterwoche". Sie findet von Sonntag (19. März) bis Samstag (25. März) unter dem Motto "Theater sehen, Theater spielen" im Theater am Schwanhof statt. Dort haben Festival-Leiter Jürgen Sachs und sein Team am Dienstag (21. Februar) die "Highlights" der Veranstaltung vorgestellt. Zwölf der insgesamt 18 Theatergruppen kommen im Jahr 2006 aus dem Bereich der Landesarbeitsgemeinschaft professioneller Kinder- und Jugendtheater in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Bei 22 Aufführen präsentieren sie 21 verschiedene Stücke. Hinzu kommen 85 Theater-Workschops, in denen Kinder und Jugendliche selbst zum Spielen angeleitet werden. "Spiel-stark" lautet das Motto, das Paul Möllers vom Staatlichen Schulamt Marburg mit den persönlichkeitsstärkenden Effekten des Theaterspielens erklärte. 20 Prozent der insgesamt 85 Workshops veranstaltet er mit seinem Team in diesem Jahr in Klassen, in denen auch behinderte Kinder unterrichtet werden. Die Zahl der Anmeldungen zu diesen Workshops hat 2006 einen neuen Rekord erreicht: Fast 2.000 Kinder und Jugendliche wollten daran teilnehmen. Nur 1.600 konnten die Workshop-Leiter schließlich annehmen. Auch das sei nur dank der Unterstützung der Aktion Mensch (AM) möglich gewesen, erläuterte Möllers. Nicht zuletzt deswegen sei es gelungen die Workshops kostenfrei anzubieten. Stabil geblieben sind auch die Preise für den Eintritt und den Bus-Transfer in den Landkreis. Doch plagen den Festival-Leiter zunehmende Finanzsorgen. "In diesem Jahr war es mühsam", berichtete Sachs. Zwar stehe die öffentliche Finanzierung auf soliden Beinen, doch stoße er bei der Einwerbung von Geldern privater Sponsoren verstärkt auf Schwierigkeiten. Um so erfreuter zeigte er sich über die Tatsache, dass der Freundeskreis des Hessischen Landestheaters auch 2006 wieder das Preisgeld von 1.500 Euro für den Marburger Kinder- und Jugendtheaterpreis gestiftet hat. Eine Jury aus Kindern, Jugendlichen, erwachsenen Laien und Profis wird das prämierte Stück aus allen Festival-Beiträgen auswählen. Den Preis wird sie dann nach der Abschlussvorstellung der "Lehrernacht" am Samstag (25. März) gegen 18.20 Uhr überreichen. "Krieger und Kriecher" nannte Ebel einen der thematischen Leitsätze des diesjährigen Festivals. Das spiegele wohl den Zeitgeist wider, wo man sich entweder weg ducke oder den coolen Überlegenen mieme. "King A" bringt das Theater Schnawwl am Nationaltheater Mannheim am Sonntag (19. März) um 18 Uhr und am Montag (20. März) um 11.15 Uhr auf die Bühne. Das Stück stellt die Tafelrunde von König Artus als Gruppe Jugendlicher auf einem Schrottplatz dar. Das thematisch daran anschließende Stück "Parzival" zeigt die Theaterpfütze Nürnberg am Dienstag (21. März) um 20 Uhr. Ebenfalls zu dieser Thematik gehören die "Kreuzritter" vom Agora-Theater im belgischen St. Vith. Das Stück über die aktuelle Auseinandersetzung der Religionen ist am Freitag (24. März) um 20 Uhr zu bewundern. "Die Wanze" plagt das Publikum am Montag (20. März) um 20 Uhr. Das Theater Waidspeicher aus Erfurt präsentiert mit damit einen Krimi aus dem Bereich der Insekten. Wanze "Muldoon" ermittelt gegen todbringende Spinnen, undemokratische Ameisenvölker und andere gefährliche Insekten. Franz Kafkas Prosa-Text "Die Verwandlung" hat das Junge Staatstheater Wiesbaden erstaunlich heiter inszeniert. Sein Auftritt erfolgt am Donnerstag (23. März) ebenfalls um 20 Uhr. Die diesjährigen Problem-Stücke handeln fast alle von Frauen", wunderte sich Ebel selbst über die eigene Themenauswahl. In "Steht auf, wenn Ihr Schalker seid!" entfremdet sich eine Jugendliche in ihrer fanatischen Leidenschaft für den Fußball völlig von ihrer Umwelt. Zu sehen ist das Stück des Landestheaters Burghof-Bühne Dinslaken am Sonntag (19. März) um 15 Uhr. "Ritzen" lautet nicht nur der Titel des Festival-Beitrags vom Theater der Jungen Welt in Leipzig. Ritzen, um den eigenen Körper zu spüren, scheint immer mehr auch zum Problem junger Frauen zu werden. Das Ein-Frau-Stück kommt am Montag (20. März) um 10 Uhr ins Theater am Schwanhof (TaSch). "Gestrandet" in Marburg ist auch das Theaterlabor Darmstadt. Sein Ein-Frau-Stück über Mobbing an der Schule verdeutlicht am Mittwoch (22. März) die Problematik aus der Sicht einer unbeteiligten und untätigen Mitschülerin. Heiter geht es dagegen bei "Nickel, der mit dem Fuchs tanzt" zu. Dieses Musical präsentiert das Theater Überzwerg Saarbrücken am Donnerstag (23. März) um 11.15 Uhr. Als "Feuerfest" erweist sich das Theater Grüne Soße aus Frankfurt am Samstag (25. März) um 15 Uhr. Im Anschluss an die Aufführung präsentiert die Feuerwache Marburg-Mitte eine Einsatz-Übung. An zwei Terminen bieten die Theater-Macher auch Inszenierungsgespräche zu den in der Theaterwoche gezeigten Stücken an. Am Mittwoch (22. März) um 13 Uhr stehen die Inszenierungen der "Stiefmütter" vom Theaterhaus Ensemble Frankfurt,"Die Kuh Rosmarie" vom kjt am Staatstheater Kassel und "Lechts und rinks" vom Aktionstheater Kassel zur Diskussion. Das zweite Inszenierungsgespräch am Donnerstag (23. März) um 13 Uhr behandelt die Stücke "Kabale und Liebe" vom Hessischen Landestheater Marburg, "Hänsel und Gretel" vom Theater drei Hasen oben in Immichenhain sowie "Nickel, der mit dem Fuchs tanzt". "Das Weihnachtsmärchen ist tot. Es lebe das Weihnachtsmärchen!" Unter diesem Titel wollen Theatermacher, Lehrer und Theaterinteressierte am Montag (20. März) um 15 Uhr über die Beziehungen von Schule und Theater diskutieren. Die Entwicklung vom Bilderbuch zum Theaterstück veranschaulicht die Ausstellung "Helden aus Papier". Sie findet während der gesamten Woche im Theaterfoyer statt. In der Theaterkneipe präsentieren währenddessen die beteiligten Theatergruppen ihre Arbeit und ihre Inszenierungen in einer weiteren Ausstellung. Insgesamt bietet das Festival an sieben Tagen ein vielfältiges Programm für Jung und Alt. Ihre Unterstützung hat die für Kultur zuständige Marburger Stadträtin Dr. Kerstin Weinbach deswegen gerne zugesagt. Angesichts der Auslastung von 99 Prozent im Vorjahr sei das Festival schließlich ein unbestreitbarer Erfolg. "Das setzt uns schon unter einen gewissen Erfolgsdruck", gab Festival-Leiter Jürgen Sachs zu. "Dennoch achten wir weiterhin mehr auf Qualität als auf Quantität". Beides bleibt den Theatermachern wie auch ihrem Publikum uneingeschränkt zu wünschen. | ||
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