Text von Sonntag, 13. Mai 2007
Abenteuer für alle: Eine Bank in der Sonne | ||
Marburg * (ule)
Mit anhaltendem Applaus endete am Samstag (12. Mai) für das Hessische Landestheater die Premiere des Stücks "Eine Bank in der Sonne". Christine Reinhardt, Peter Radestock und Jürgen Helmut Keuchel begeisterten im Theater am Schwanhof (TASCH I) fast zwei Stunden lang mit klugem Witz und charmant verkörperten Unzulänglichkeiten. Erzählt wurde die Geschichte von Burt und Harold. Beide sind Mitte Siebzig. Beide leben in der Senioren-Residenz "Valley View Gardens". Und beide treffen sich jeden Tag auf einer Parkbank, um sich über ihr Leben in der Residenz, ihre Mitbewohner und vor allem über das Alt-Sein zu beschweren. Dabei könnten die beiden unterschiedlicher kaum sein. Der ehemalige Buchhalter Burt, gespielt von Peter Radestock, hat Jahre lang ein solides, aber durchschnittliches Leben geführt. Rationalität und Vernunft bestimmen nach wie vor seinen Horizont. Mittlerweile allerdings schlurft er schlecht gelaunt und unzufrieden stets in Bademantel und Pyjama durch das Leben. Anders dagegen Harold. Als ehemaliger Unternehmer hat er das Leben mit drei Ehefrauen in vollen Zügen genossen. Noch immer kleidet er sich stets korrekt und nutzt trotz seines Alters jede Gelegenheit für einen Flirt. Unzufrieden jedoch ist auch er. Und so kommt es, dass sich die beiden Tag für Tag auf ihrer Bank mit beißendem Spott und bitterbösen Schmähungen überschütten. Eines Tages taucht die pensionierte Schauspielerin Adrienne auf. Der naiven, aber zauberhaften Seniorin von Welt gelingt es, die beiden Streithähne um ihren Finger zu wickeln. Für einen kurzen Moment blühen Burt und Harold noch einmal auf, genießen das Leben noch einmal. Bis Adrienne schließlich eines Tages wieder verschwunden ist. Mit charmant dargestellten Unzulänglichkeiten und überzogener Ironie gelang Regisseur Manfred Gorr die überaus kurzweilige Inszenierung einer Geschichte über die Unterschiedlichkeit dreier alternder Menschen: den enttäuschten Griesgram Burt, den angeschlagenen Lebemann Harold und die verträumte Diva Adrienne. Jede der drei Figuren braucht die anderen zwei, um nicht zu verblassen. Erst in der Beziehung zueinander finden die drei allein gelassenen Senioren für einen kurzen Moment zurück ins Leben. Besonderes Geschick bewies Gorr vor allem bei der Besetzung der Figuren. Von der ersten bis zur letzten Minute strapazierten Reinhardt, Radestock und Keuchel vor dem einfachen wie wunderbaren Bühnenbild einer Parkbank unnachgiebig das Zwerchfell ihres Publikums. Mimik, Gestik und sprachliche Ironie verschmolzen zu einer hinreißenden Einheit. Gleichzeitig sparte das Stück nicht mit Tiefgründigkeit. Spott und Selbstironie waren die beißende, beinahe schonungslose Abrechnung mit dem, was Alt-Sein in dieser Gesellschaft überwiegend bedeutet: allein sein! "Eine Bank in der Sonne" hält dagegen. Mit viel Witz bahnt sich das Stück seinen Weg direkt ins Herz des Publikums, um zu zeigen: Senioren haben das Leben nicht nur hinter sich. | ||
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