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Text von Sonntag, 7. Oktober 2007

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 Griechischer Aufklärer: Krimi-Autor Markaris las 
 Marburg * (jnl)
Einen humorvollen Krimi-Autor aus Griechenland mit Kult-Status hatte sich die Buchhandlung Arcularius im Rahmen des Marburger Krimi-Festivals 2007 gesichert. In einer Matinee am Sonntag (7. Oktober) präsentierte der Athener Petros Markaris sein aktuelles Buch "Der Großaktionär". Es ist der vierte Band mit dem scharfzüngig grantelnden Kommissar Kostas Charitos. Rund fünfzig Markaris-Fans hatten sich zur Nahbegegnung mit dem hochkarätigen Kriminal-Schriftsteller eingefunden.
Auf "homerisches Gelächter" wurde das Publikum von Gastgeber Klaus Kaltenbach in seiner Vorstellungsrede eingestimmt. In Griechenland ist Markaris ein vielgefragter Interviewpartner der Medien zu Gegenwartsfragen ist wie in Deutschland Günther Grass oder Juli Zeh. Der in Istanbul geborene Autor besuchte dort das deutschsprachige Realgymnasium und studierte danach in Wien und Stuttgart Volkswirtschaftslehre. Er spricht daher fließend Türkisch, Griechisch und Deutsch und vermag ohne Dolmetscher mit seinen Lesern zu kommunizieren.
Der 70-Jährige hatte von Beginn an eine bemerkenswert sympathische, weltoffene Ausstrahlung. Flott und gut intoniert las er ein erstes Kapitel vor. Gleichzeitig kündigte er lächelnd an, er wolle mal sehen, wieviel Publikum noch übrig sei danach, dann wolle er neu entscheiden. Im "Großaktionär" gehe es in zwei Handlungssträngen, die erst am Ende zusammengeführt werden, um das Thema Terrorismus und um einen Serienkiller im Werbeagenturmilieu.
Im ersten Teil geht es um die direkte Verwicklung der Familie von Kostas Charitos in ein Terrorismus-Drama. Die erwachsene Tochter und ihr Freund sind auf dem Weg in den Urlaub auf Kreta mit ihrem Fährschiff gekidnappt worden. Adriani, die Ehefrau des Kommissars, reagiert vor Angst um ihr einziges Kind lauthals hysterisch, möchte sämtliche orientalischen Einwanderer zu Sündenböcken machen und dafür bestrafen. Kostas Charitos selber ist ähnlich aufgewühlt, lässt es sich aber weniger anmerken. Der Dialog der beiden und die Handlung sind umwerfend komisch. Die emotionsbedingten Übertreibungen sind ein Lese-Genuss, zugleich geht das Lachen aber nicht auf Kosten der Protagonisten. Der Spaß des Schriftsteller beim Lesen übertrug sich auf seine Zuhörerschaft.
Den zentralen Teil der Autorenlesung bildeten die Fragen aus dem Publikum. Eine Hammer-Frage eröffnete den Reigen: Schreiben Sie Krimis, um sich zu amüsieren? Markaris wurde mit Mal ziemlich ernsthaft und sagte dazu: Der Schreibprozess ist "kein Amüsement. Denn man fängt immer vom Nullpunkt an." Warum er auf Griechisch schreibe, wollte jemand wissen. Eine durchaus berechtigte Frage, räumte Markaris ein, schließlich ist Griechisch mit weltweit 15 Millionen Muttersprachlern eine eher kleine Sprache. Aber er liebe sie nunmal, da seine ersten Träume auf Griechisch gewesen seien, so wie seine Mutter Griechin war.
Ein kenntnisreicher Leser fragte nach einer Nebenfigur, einem desillusionierten Altkommunisten, der in allen Büchern der Reihe vorkommt. Gut beobachtet, lobte der Autor, tatsächlich habe er als von der Aufklärung geprägter Schriftsteller den Wunsch, das in Griechenland zu beobachtende "forget without forgiving" zu konterkarieren. Die griechischen Kommunisten hätten zwar auch bei der jüngsten Wahl 8 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigt, aber ansonsten würden sie von der Mehrheit seit dem griechischen Bürgerkrieg vor sechzig Jahren völlig ausgeblendet. Er sehe seine Aufgabe als Schriftsteller darin, das Abgespaltene in die griechische Gesellschaft zu reintegrieren.
Ein blinder Leser wollte wissen, was denn Markaris eigene Ehefrau dazu sage, dass das Binnenverhältnis der Hauptfigur Charitos zu seiner Adriani immer so angespannt bissig ausfalle. Der Schriftsteller klärte das Missverständnis auf. Tatsächlich werde ihm gerade in Deutschland häufig vorgeworfen, unsäglich machohafte Männerrollen zu zeichnen. Im gesamten südlichen Europa sehe man das völlig anders. Beschrieben werde im innerfamiliären Verhältnis die Mentalität der älteren Generation der Südeuropäer, erst bei den Jüngeren sei es dabei, anders zu werden. Kostas und Adriani seien im Grund modelliert nach dem Vorbild von Markaris Eltern. Seine eigene Ehefrau, ließ der 70-Jährige wissen, sei schon seit ein paar Jahren unter der Erde.
Ob er denn das Fernsehen hasse, wurde weiter gefragt. Er nehme tatsächlich eine sehr kritische Haltung zu den Massenmedien ein, bekannte Markaris. Bei den jüngsten Wahlen ebenso wie bei den Waldbränden in Griechenland hätten die Fernseh-Berichterstatter eine eher unrühmliche Leistung gezeigt. Er sehe einen abschüssigen Weg von der Mediendemokratie hin zu einer Mediendiktatur, warnte der Aufklärer. Die Waldbrände dieses Sommers beruhten keineswegs auf einer von außen kommenden Verschwörung von Brandstiftern. Die totale Ineffizienz des Staates und die verbreitete Verantwortungslosigkeit der Bürger gegen die Natur seien in sich Erklärung dafür.
Mit der strahlenden Antwort, sein nächster Kostas-Charitos-Roman werde in Istanbul spielen, lud ein entspannter Petros Markaris sein bestens unterhaltenes Publikum zum Signieren seiner Bücher ein.
 
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