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Text von Sonntag, 25. Februar 2007

> p o l i t i k<
  
 Zypries: Wegsperren, und zwar für immer! 
 Marburg * (fjh)
Eine "Sicherungsverwahrung" für Jugendliche hat Brigitte Zypries am Samstag (24. Februar) angekündigt. Doch damit hat sich die Bundesjustizministerin zugleich selbst ein klägliches Armutszeugnis ausgestellt: Der Staat bestraft Heranwachsende für sein eigenes Versagen!
Bislang beträgt die Höchststrafe nach dem Jugendstrafrecht zehn Jahre. Nach dieser Zeit sind auch Mörder wieder frei, die ihre Straftat in jugendlichem Alter verübt haben. Die Zeit der Haft muss reichen, um sie zu resozialisieren!
Ob Zypries allerdings ernsthaft auf Resozialisierung jugendlicher Straftäter setzt, scheint angesichts ihres Vorschlags mehr als fraglich. Sie hat angekündigt, dass auch gewalttätige Jugendliche nach Verbüßen ihrer Strafe weiterhin in Haft festgehalten werden können sollen!
Zwar soll die weitere Inhaftierung jedes Jahr wieder neu von einem Richter überprüft werden, doch könnte ein junger Mensch nach einer Straftat möglicherweise bis zu seinem Lebensende im Knast verschwinden!
Damit verabschiedet sich die nordhessische SPD-Politikerin gnadenlos von den Grundsätzen des humanen strafvollzugs. War es bislang weitgehend anerkannt, dass Kriminalität auch ein Ergebnis der Sozialisierung durch Eltern, Angehörige, Freunde und die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ist und man jugendliche Straftäter mit entsprechenden Hilfestellungen möglichst wieder in die Gesellschaft zurückführen muss, so wendet sich die Justizministerin nun von den Konsequenzen dieser Erkenntnis ab: "Wegsperren, für immer!"
Diesen Spruch hat sie ihrem Partei-Genossen Gerhard Schröder entlehnt, der ihn als Bundeskanzler zum Rezept gegen Kinderschänder erklärt hatte. Doch im Gegensatz zu dem früheren Bundeskanzler, der immerhin einmal ein freiheitlich engagierter Rechtsanwalt war, ist Zypries zur Zeit für den Strafvollzug und die Justiz in Deutschland verantwortlich!
Da scheint es beinahe so, als wolle sie die Kosten für Resozialisierungsmaßnahmen einsparen. Zumindestens erklärt sie mit ihrer Ankündigung zugleich das Scheitern der Bemühungen um Resozialisierung. Hat man sie überhaupt ernsthaft betrieben?
Selbst die "Sicherungsverwahrung" gegenüber erwachsenen Straftätern ist ein böser Stachel im Fleisch des Rechtsstaats. "Lebenslänglich" für Kinder und Jugendliche wäre zugleich ein Todesurteil für eine demokratische und menschenfreundliche Justiz!
Schon 1882 hat der Kriminologe Prof. Dr. Franz Eduard von Liszt die Resozialisierung Straffälliger als Aufgabe des Strafvollzugs formuliert. Bei seiner Antrittsvorlesung an der Philipps-Universität erklärte er in seinem "Marburger Manifest": "Die beste Kriminalpolitik ist eine gute Sozialpolitik."
 
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