Text von Samstag, 7. April 2007
Zensur bei Google: INSM verschleiert Kritik | ||
Marburg * (fjh)
Unangenehme Wahrheiten einfach wegzuzensieren, das scheint in jüngster Zeit schwer in Mode zu sein. Was die US-Regierung, die Chinesen, Russen und Saudis am Freitag (6. April) im Welt-Klimarat versucht haben, das scheint auch die neoliberale "Initiative neue soziale Marktwirtschaft" (INSM) in großem Stil versucht zu haben: Nach einem Bericht auf der Internet-Seite mein-parteibuch.com hat dieser arbeitgebernahe Propaganda-Verein kritische Einträge über seine Arbeit aus den Ergebnis-Seiten der Suchmaschine Google zu verdrängen versucht. Im Internet zufällig gefunden worden sei eine Liste mit Links der Suchmaschine, bei der positive Bewertungen der INSM grün und für sie negative Internet-Seiten rot markiert waren. 71 unangenehme Links seien darauf enthalten gewesen. Mit einer Flut von INSM-freundlichen Links sei die Suchmaschine dann so lange bombardiert worden, bis die INSM-kritischen Links im Ranking der Suchmaschine weit nach hinten verdrängt waren. Wer nun den Suchbegriff "INSM" oder ihren ausgeschriebenen Namen in die Suchmaske von Google eintippt, dem werden seither nur noch neoliberale Internet-Verweise angezeigt. Dieses dreiste Vorgehen kritisieren die Kritiker nun wiederum in verschiedenen Blogs. Sie haben die 71 rot markierten Links zu einer Liste zusammengestellt, die nun auf möglichst vielen Seiten im Internet präsentiert werden soll. So möchten die INSM-Kritiker die manipulativen Machenschaften der Initiative konterkarieren. Seit ihrer Gründung im Jahr 2000 hat die INSM immer wieder durch überaus fragwürdige Methoden von sich reden gemacht. Ihre Propaganda stellt neoliberale Wirtschaftskonzepte so dar, als seien sie absolut alternativlos und zwangsläufig. Dafür hat die INSM bis zum Jahr 2010 insgesamt 100 Millionen Euro zur verfügung. Allein der Arbeitgeberverband Gesamtmetall finanziert diese Propaganda-Agentur jährlich mit 8,8 Millionen Euro. Sogenannte "Botschafter" der INSM treten in Fernsehen, Radio oder bei Zeitungen auf, ohne ihre Rolle dabei immer offenzulegen. Die Initiative suggeriert ständig, ihre Positionen seien wissenschaftlich fundiert und politisch notwendig. Ihre Kritiker belegt die INSM mit Schimpfworten wie "Besitzstandswahrer" oder tituliert sie als "ewig Gestrige". Nachdem immer mehr Menschen - vor allem auch in den Medien - der INSM auf den Leim gegangen waren, regte sich in jüngster Zeit vermehrt auch Kritik an ihrer Propaganda. Diese Kritik scheint die INSM nun verstecken zu wollen. Die Zensur-Attacke auf Google ist bezeichnend für die Haltung dieses "Reichspropagandaministeriums" der deutschen Arbeitgeber. Ehrlichkeit, Offenheitoder gar eine demokratische Kultur der dialogischen Auseinandersetzung scheinen der INSM nicht zu passen. Und auch das Wort "sozial" in ihrem Namen ist nichts anderes als eine dreiste Lüge. Von der INSM stammt schließlich der vielzitierte Slogan "Sozial ist alles, was Arbeit schafft". Wenn es nach der INSM ginge, dann landete der Sozialstaat umgehend auf dem Müllhaufen der Arbeitgeber-Interessen. "Eigenverantwortung" und "Reformen" sind die wichtigsten Worte aus dem Propaganda-Katalog der Kölner PR-Profis. Den Sozialstaat könne sich Deutschland künftig nicht mehr leisten, beteuern sie. Steuersenkungen und eine "Entbürokratisierung" sollte sich der Staat ihrer Ansicht nach hingegen leisten. Nur die Solidarität mit den Benachteiligten ist den bezahlten Bütteln der metallharten Arbeitgeber zu teuer. Wenn man die bundesdeutsche Politik der letzten fünf Jahre betrachtet, dann muss man mit Schrecken feststellen, dass viele Forderungen der INSM inzwischen zum politischen Mainstream geworden sind. Den Einfluss dieser verschlagenen Geheimniskrämer sollte man nicht unterschätzen. Ihre Inhalte tragen sie zwar mit Macht in die Öffentlichkeit, doch ihre Methoden hüllen sie nicht ohne triftige Gründe geheimnisvoll in den Mantel des Schweigens. Umso wichtiger sind deshalb Initiativen wie die Aktion von mein-parteibuch.com zur Verbreitung der zensierten Links. | ||
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