Text von Freitag, 25. Mai 2007
Willkommene Wellen: DFG-Geld für Laser und Quanten | ||
Marburg * (fjh/pm)
Rund 1,3 Millionen Euro hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Etablierung der Forschergruppe ""Scattering Systems with Complex Dynamics" bewilligt. Das teilte die Philipps-Univesität am Freitag (25. Mai) mit. Im Zentrum des Interesses der sechs beteiligten Arbeitsgruppen von den Universitäten Marburg, Göttingen, Dresden, Bremen, Regensburg und Freiburg stehen Quanten-Phänomene und insbesondere das Quanten-Chaos. Sprecher der auf mindestens drei Jahre angelegten Forschergruppe ist Prof. Dr. Hans-Jürgen Stöckmann vom Fachbereich Physik der Philipps-Universität. Weitere internationale Gruppen werden sich im Rahmen externer Projekte beteiligen. Ebenfalls fest geplant sind mehrmonatige Gastaufenthalte von Wissenschaftlern ("Fellows") mit höchstem internationalen Ansehen auf dem Gebiet der Quanten-Physik. Eingeladen wurden die Professoren Rodolpho Jalabert aus Straßburg, Felix M. Izrailev aus Puebla in Mexico, Thomas H. Seligman aus Cuernavaca in Mexico, Uzy Smilansky aus Rehovot in Israel und Boris Shapiro aus Haifa in Israel. Ausgangspunkt ihrer Arbeit ist ein einfaches physikalisches Phänomen: Elektromagnetische Wellen, die auf ein Objekt fallen, werden von diesem zurückgeworfen, "gestreut". Analysiert man das Muster der gestreuten Wellen, so kann man auf die Eigenschaften des Objekts rückschließen. "Das "Wellen-Echo" aus einer in regelmäßigen Mustern bepflanzten Obstbaum-Plantage zum Beispiel unterscheidet sich in charakteristischer Weise von dem Echo, das aus einem Wald stammt. Genutzt wird dieser Effekt zum Beispiel in der Computer-Tomografie und bei der Fernerkennung von Erdöl-Vorkommen. Der Forschergruppe geht es nun um das "chaotische" Streuverhalten so genannter komplexer Systeme: "Deren Atome und Moleküle sind weder ganz regelmäßig wie eine Plantage, noch völlig unregelmäßig wie ein Wald angeordnet", erklärte Stöckmann. Mikroscheiben-Laser zum Beispiel stellen ein solches System dar. Eingestrahltes Licht, das an den Atomen des scheibenförmigen Laser-Materials gestreut wird, wird von ihm als Laser-Licht wieder ausgestrahlt. Je besser man die quantenmechanischen Vorgänge versteht, die diesem Prozess zugrunde liegen, desto einfacher ist die Entwicklung effizienterer Laser. Dabei geht es vor allem darum, dass das Licht den Laser nicht in alle Richtungen verlässt. Das ist der unerwünschte Normalfall. Ein weiteres Thema der Forschergruppe sind Random-Laser. Bei ihnen erfolgt die Bündelung des eingestrahlten Lichts nicht durch externe Spiegel, sondern - überraschenderweise - durch zufällig im Laser-Material verteilte Lichtstreuer. Normalerweise sind diese bei der Erzeugung von Laser-Licht eher störend. Die spannende Frage ist nun: Warum können selbst zufällige Streuprozesse dazu führen, dass sich hin- und herreflektiertes Licht innerhalb des Laser-Materials an bestimmten Stellen stark "konzentriert" Ein drittes Thema ist die Langzeit-Stabilität quantenmechanischer Systeme. Während normale Computer mit magnetischen oder elektrischen 0/1-Zuständen arbeiten, werden künftige Quanten-Computer auf so genannten Interferenzstrukturen basieren. Dabei sind viele Atome miteinander gekoppelt. Allerdings können solche Interferenzen leicht gestört werden und zerfallen dann durch Streuprozesse. Ziel ist daher, die "Überlebensdauer" dieser Strukturen zu erhöhen. Schließlich werden sich die Forscher auch der Dynamik von ultrakalten Atomen beziehungsweise von Materie-Wellen (so genannten Bose-Einstein-Kondensaten) widmen. Dabei wird eine große Zahl von Atomen so koordiniert, dass sie sich wie ein einziges großes Atom verhalten. Konkret wird ihr Verhalten dann auf der Oberfläche von Mikro-Chips untersucht, denn in dieser Kombination lässt sich das Phänomen für die Entwicklung hochsensibler Magnetfeld-Detektoren nutzen. Diese spielen unter anderem in Festplatten für die Datenspeicherung eine zentrale Rolle. "Unser Ziel ist, den verschiedenen quantenphysikalischen Phänomenen, die wir in unserer Arbeit untersuchen, einen einheitlichen theoretischen Rahmen zu geben, der Voraussagen über Experimente erlaubt", sagt Stöckmann. So wäre es beispielsweise für die Entwicklung neuer Laser wünschenswert, bereits vor einem Experiment quantitative Aussagen über das Streuverhalten unterschiedlichster Materialien treffen zu können. "Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir unsere experimentellen und theoretischen Arbeiten jetzt eng miteinander verknüpfen", kündigte Stöckmann an. Weil Experimente mit Licht allerdings nahezu unüberwindliche Schwierigkeiten aufwerfen, wird die Forschergruppe mit Mikrowellen arbeiten: "Auch dies sind elektromagnetische Wellen, die sich von sichtbarem Licht nur durch die viel größere Wellenlänge unterscheiden", meinte Stöckmann. "Weil die beobachtbaren Effekte dieselben bleiben, erlauben sie uns, mit größeren und damit leicht handhabbaren Materialstrukturen zu arbeiten." Insbesondere Nachwuchs-Wissenschaftlern soll im Rahmen der Forschergruppe auch die Gelegenheit zur Mitarbeit in anderen Arbeitsgruppen gegeben werden. "Allein 60.000 Euro des bewilligten Koordinierungsbudgets in Höhe von über 200.000 Euro sind für solche Zwecke gedacht", erläuterte Stöckmann. Eine ähnlich hohe Summe wird den Fellows zur Verfügung gestellt. Die restlichen Koordinationsmittel dienen unter anderem der Organisation von Konferenzen und Graduierten-Workshops. | ||
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