in Partnerschaft mit
30.12.2000 * (FJH)
Nachdem wir bereits vor einem Jahr eine "Jahrtausendwende" gefeiert haben, können wir dasselbe jetzt noch einmal tun. Denn eigentlich beginnt das neue Jahrtausend ja erst am 1. Januar 2001!
Das Jahr mit den drei Nullen ist auch schon vorbei. Was bleibt davon in Erinnerung?
Herausragende Ereignisse habe ich in Marburg in diesem Jahr kaum wahrgenommen. Am wichtigsten für die
Philipps- Universität
ist sicherlich die
Wahl von Horst Franz Kern zum Uni-Präsidenten.
Das Stadtbild verändert die "Neue Marburger Mitte" am Rudolphsplatz mit der
Kunsthalle
und dem Großkino "Cineplex" am nachhaltigsten. ". Ebenso zum festen Bestandteil des Marburger Alltags wird wohl auch der neue
Oberstadtaufzug am Parkhaus Pilgrimstein
werden. Was die vielgefeierte "Marburger Mitte" betrifft, finde ich mich vermutlich im Gleichklang mit den meisten Marburgerinnen und Marburgern, wenn ich mich der Kritik von
Angus Fowler
an diesem Bauprojekt anschließe: Vorteilhaft für das Stadtbild sind keine gigantomanischen Großprojekte, mit denen Politiker sich selbst für die Nachwelt verewigen wollen, sondern die einfühlsame Pflege der historischen Bausubstanz. Das - leider für die neue "Marburger Mitte" abgerissene - "Luisa-Bad" hat mehr Kultur vermittelt als die neue Kunsthalle.
Kulturell gab es in Marburg wenig Herausragendes. Die beste Theaterinszenierung war " Martin Luther und Thomas Münzer
oder die Einführung der Buchhaltung" nach einer 30 Jahre alten Vorlage von Dieter Forte. Ein Highlight war zweifellos das
Konzert des Liedermachers Franz-Josef Degenhardt
im KFZ. Unvergessen bleibt aber vor allem der
Auftritt des Kabarettisten Hanns-Dieter Hüsch
in der Stadthalle. Er war eine Etappe auf seiner Abschiedstournee. Immerhin feierte der Altmeister der hintersinnigen Pointe im Mai seinen 75. Geburtstag.
Eher in die Zukunft gerichtet sind die Pläne der Stadt und des Behindertenbeirats, einen
Stadtführer für Behinderte
zu erstellen. Ich bin gespannt.
Ebenso neugierig bin ich auf das, was das neue Jahrtausend bringen wird. Eine Attraktion der letzten Jahrtausendfeier gibt es jetzt nicht mehr: Einen Flug in der Concorde - schneller als der Schall über die Zeitzonen hinweg -, damit man gleich mehrfach auf das anbrechende Jahrtausend anstoßen kann. Die Illusion, die Zeit überlisten zu können, ist im Sommer mit der Concorde abgestürzt. Na, denn Prost!
19.12.2000 * (sap)
Was haben
Henri Dunant, Wilhelm Röntgen und
Emil von Behring
gemeinsam? Alle waren in ihrer jeweiligen Disziplin die ersten Träger eines Nobelpreises.
Der Marburger Arzt und Immunologe erhielt diese Auszeichnung für seine Entdeckung des Impfverfahrens, das er zum Schutz vor Tetanus und Diphterie anwandte. Im Herbst 2001 jährt sich die Verleihung der ersten Nobelpreise zum hundertsten Mal. Diesen Anlass möchte der Marburger Landtagsabgeordnete
Alexander Müller
von Bündnis 90/Die Grünen mit einer Briefmarke würdigen. In einem Schreiben an Finanzminister Hans Eichel, der für die Herausgabe von Sondermarken zuständig ist, erklärt Müller, dass Emil-von-Behring neben seinen Leistungen im medizinischen Bereich für die Stadt Marburg von besonderer Bedeutung war. Die Gründung der Behringwerke sei für die Marburger Wirtschaft von unschätzbarem Wert, heute würde man Behrings schon früh sehr erfolgreiches Unternehmen als "Start-up" bezeichnen, so Müller.
Seit einigen Wochen läuft in Marburg eine intensive Debatte über die Errichtung eines Museums zu Ehren des Marburger Wissenschaftlers, in dem seine Arbeiten und seine Bedeutung für die Stadt herausgestellt werden sollen. Auf dem von Behring begründeten Werksgelände befindet sich auch ein Raum mit zahlreichen Gegenständen aus seinem persönlichen Nachlass, die in einem solchen Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könnten. Eine Briefmarke könnte die Bedeutung Behrings zusätzlich unterstreichen, meint Müller. Immerhin waren seine damaligen Mitpreisträger keine geringeren als der Entdecker der nach ihm benannten Röntgenstrahlen und der
Schweizerische Gründer des Roten Kreuzes.
16.12.2000 * (FJH)
Seit Samstag (16. Dezember) ist Marburg um eine Attraktion reicher: Gerade noch rechtzeitig zum Ansturm der Weihnachtseinkäufer auf die Oberstadt wurde der neue
Fahrstuhl vom Parkhaus am Pilgrimstein zur Wettergasse
eröffnet.
Mit dem Wunsch "Allzeit gute Fahrt" und - wie bei einer Schiffstaufe - einem Schluck Sekt nahm der neue Lift kurz nach 11 Uhr seinen Dienst auf. Gute Wünsche gab dem neuen Verkehrsmittel der ehemalige Marburger Oberbürgermeister Dr.
Hanno Drechsler
mit auf den Weg , in dessen Amtszeit 1972 der erste Aufzug vom Parkhaus Pilgrimstein zur Oberstadt gebaut worden war. Er musste nun einem völlig neuen Lift weichen.
Vertreter von
Stadt
und Presse waren die ersten, die in der gläsernen Kabine außen an der Fassade des Parkhauses nach oben fuhren. Es war eine Fahrt mit kleinen Hindernissen, denn vor dem Start wiegt der Aufzug seine Last aus. 13 Personen oder 1.000 Kilogramm lautete die angeschriebene Angabe, die scheinbar mit leichtgewichtigen Fahrgästen kalkulierte. Die "gewichtigen Persönlichkeiten" aus Stadtparlament und Medien brachten aber schon zu elft das erlaubte Gewicht zusammen; und so musste jemand auf die nächste Tour warten, ehe es losgehen konnte.
Bei der Fahrt nach oben bot sich den geladenen Gästen ein herrlicher Ausblick auf den Pilgrimstein, den Botanischen Garten und die Marburger Brauerei.
Im 12. Stock des Parkhauses verließ die Gesellschaft die Kabine dann, um durch einen überdachten Gang zum zweiten Fahrstuhl zu gehen, der die restliche Distanz von der obersten Etage des Parkhauses bis zur Wasserscheide überbrückt. Auch diese Kabine ist wieder vollverglast, so dass die Fahrt zum interessanten Erlebnis wurde. Unter den Gästen herrschte Einigkeit, dass die neue Konstruktion eine echte Attraktion - insbesondere für Besucher - darstellt.
Oben bietet eine Aussichtsplattform noch einmal die Möglichkeit, das Panorama der Stadt zu betrachten. Durch einen Gang im restaurierten Fachwerkhaus "Wettergasse 41" , wo mit der Baumaßnahme attraktive Sozialwohnungen in zentraler Lage entstanden sind, gelangt man zum höchsten Punkt der Marburger Fußgängerzone.
Hier erwartete eine Posaunengrupe die Festgäste, um sie mit Weihnachtsliedern zu unterhalten. So sprach sich die Neuerung schon bald in der Oberstadt herum: "Der neue Aufzug ist offen!"
08.12.2000 * (sap)
Sie liegt allen sehr am Herzen, die Ausbildung junger Menschen. Vor allem, wenn sie ausser auf dem Herzen dem Landkreis auf dem Portemonaie liegen, in Form von Sozialhilfe. "Ausbildung statt Sozialhilfe" nennt sich das Projekt, das vom Landkreis Marburg Biedenkopf und dem Arbeitsamt Marburg gefördert wird. Das kreiseigene Dienstleistungsunternehmen INTEGRAL hat es in Zusammenarbeit mit der Arbeitsverwaltung, den Sozialämtern des Kreises und der Stadt Marburg durchgeführt.
Projektleiterin Petra Stehr war erfolgreich im "Klinkenputzen" bei den Betrieben. 111 Ausbildungsplätze konnten seit Beginn des Programms im Jahr 1997 vermittelt werden. Die Ausbildenden Unternehmen werden als Anreiz mit bis zu 950 DM monatlich bezuschusst.
Das Besondere bei diesem Projekt, erklärte Stehr auf einer Pressekonferenz am Donnerstag (7. Dezember), sei, dass entgegen der meist üblichen Praxis vom den Bedürfnissen der Jugendlichen ausgegangen wird. Nach eingehenden Beratungsgesprächen wird - je nach persönlichem Profil - für den Ausbildung suchenden Jugendlichen eine passende Stelle gefunden, nicht umgekehrt.
Bei einem Betriebspraktikum können sich die betreffenden Personen vergewissern, ob sie die richtige Ausbildung gewählt haben.
Viele scheinbar "nicht in Ausbildungsplätze zu vermittelnde" junge Menschen haben es allerdings auch mit INTEGRAL nicht geschafft: Von insgesamt 575 Beratungen konnten nur 111 eine Stelle bekommen. Die vermittelten Auszubildenden werden während der gesamten Ausbildungsdauer beratend betreut, mit Erfolg: Die Abbrechungsquoten liegen dabei nicht höher als die üblichen 24 % bei selbst gewäHlten Ausbildungsplätzen.
Wilfried Eckardt von der Abteilung "Berufsberatung" des Marburger Arbeitsamtes meint zwar, die Arbeitsämter täten gut daran, sich selbst "wegzuarbeiten", doch so lange es Jugendliche ohne Ausbildungsperspektiven gebe, so lange wollen alle Beteiligten das Projekt fortsetzen.
Sheila Brazil ist eine von denjenigen, die durch "Arbeit statt Sozialhilfe" ihren Traumjob bekam: nachdem sie die Hauptschule nach der 7. Klasse abgebrochen hatte und mit 19 Jahren eine Tochter bekommen hatte, standen die Chancen schlecht für die heute 25 jährige Mutter. Sie bewarb sich mehrmals erfolglos bei Frisiersalons und brach diverse Weiterbildungsmaßnahmen ab, bis sie durch INTEGRAL auf das neue Projekt aufmerksam wurde. Seit 2 Jahren ist sie in Ausbildung bei "Creativ Coiffeur, Cut & Colour" in Kirchhain. Ihre Ausbildungsleiterin Gabriele Ahmad ist sehr zufrieden mit ihr: "ich bin froh, dass es dieses Programm gibt. Sheila hat die Sicherheit, dass sie nach der Ausbildung bleiben kann."
Dr. Herbert Marschelke , Geschäftsbereichsleiter berufliche Bildung der Industrie und Handelskammer (IHK) Kassel, zeigte sich erfreut über das "professionell betriebene" Projekt, jedoch hob er hervor, dies sei lediglich ein "Reperaturbetrieb". Man müsse weiter vorne anfangen, um dem eigentlichen Problem zu begegnen, nämlich schon in der Familien- und Erziehungsberatung.
Als "des eigenen Glückes Schmied" sehen die Beteiligten die Jugendlichen, wobei zu bedenken bleibt, dass es bei allem Schmieden de facto zu wenig Ausbildungsplätze gibt: allein 250 Stellen fehlen im Arbeitsamtsbereich Marburg.
06.12.2000 * (sap)
BSE ist momentan in aller Munde, außer in denen der Marburger Kindergartenkinder. Ihre Mittagsversorgung soll laut Mitteilung der Sozialdezernentin
Ulrike Kober
von Mittwoch (6. Dezember) ab sofort bis auf weiters fleischlos sein. Die Entscheidung sei im Vorfeld mit den Eltern besprochen worden. Da nicht nur Rinder durch die Verfütterung von Tiermehl vom BSE-Befall bedroht sind, hatte man sich auf den generellen Fleischverzeicht geeinigt. Die Regelung betrifft 12 von 16 städtischen Einrichtungen, in denen an die 500 Kinder mittags eine warme Mahlzeit erhalten.
Mit einer aktuellen Stunde zum Thema BSE reagiert die Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen auf die ersten BSE-Fälle in Deutschland. Auf der Kreistagssitzung am Freitag (15. Dezember) will die Fraktion fordern, dass umfassende Konsequenzen von Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Gesundheitsvorsorge im Landkreis Marburg-Biedenkopf aus der steigenden BSE-Gefahr gezogen werden.
Auslöser der weit gefürchteten Krankheit sind weder Viren noch Bakterien. Zurückzuführen ist die Erkrankung auf eine veränderte Eiweißstruktur, die Nervenzellen im Gehirn befällt und beeinflusst. Bei den Veränderungen der Zellen werden sogenannte "Prione" gebildet, die schließlich die Hirnstruktur vernichten.
04.12.2000 * (FJH)
Der runde Pavillon am Ende der Rosenstraße in der Marburger Nordstadt wirkt ein wenig wie eine chinesische Pagode. Die Gerüche, die dem Besucher hier in der Nase kitzeln, verraten jedoch eindeutig, dass sich darin eine Konditorei befindet. Am Sonntag (3. Dezember) wurde sie unter großer Anteilnahme der Bevölkerung eröffnet. Mit dem "Cafe Rosenpark" ist zugleich der Hotel-Komplex vollendet, dessen erster Teil ein Jahr zuvor eröffnet worden war.
"Vila Vita" nennt sich das Hotel und die dahinterstehende Kette, die vor allem auf begüterte Senioren setzt. Der Anteil der Bürgerinnen und Bürger über 65 Jahre steigt ständig; und noch nie verfügten die Senioren über so viel Geld wie heute. Ihnen bieten die fünf Vila-Vita-Hotels ein luxuriöses Leben mit allem Komfort eines Fünf-Sterne-Hotels .
Das neueste Haus dieser europaweit agierenden Unternehmensgruppe war Anfang Dezember 1999 in Marburg eröffnet worden. Mit gut 140 Millionen DM Baukosten dürfte es derzeit Marburgs luxuriösestes Gebäude sein.
Drei Gaststätten - die "Zirbel-Stube" als gemütliche Kneipe für den "normalen" Geldbeutel, der "Rosenkavalier" für gehobene Ansprüche und schließlich ein Luxus-Restaurant mit Preisen von 80 DM aufwärts für ein Menü - verwöhnen seit einem Jahr die Gäste des Hotels am Ende der Rosenstraße. Nun kommt mit dem Cafe eine vierte gastronomische Attraktion hinzu.
Luxus ist bei alledem Programm: Im klimatisierten Weinkeller des Hotels finden sich Raritäten, die das Herz jedes Weinkenners höher schlagen lassen. Absoluter Clou im Rosenpark ist freilich der Wellness-Bereich: In einer "Sissi-Wanne" kann man in Rotwein baden; drei Saunen eröffnen die Wahl zwischen unterschiedlichen Temperaturen und Luftfeuchtigkeiten; vom Außengelände aus kann sich der Saunagast in eine künstliche Grotte begeben, wo auf Knopfdruck Sole ausströmt. In den Whirlpool wird das Wasser für jeden Gast frisch eingelassen . Für Bewohner der Seniorenresidenz und Hotelgäste ist der Saunabesuch kostenlos. 80 bis 100 Jahreskarten sollen auch an die Marburger Bevölkerung ausgegeben werden; ihr stolzer Preis von 2.000 DM wird allerdings für eine elitäre Auslese sorgen.
Zu Mietpreisen von rund 6.000 DM für ein oder auch zwei Personen zahlen Bewohner der Residence noch einmal 900 DM im Monat hinzu, wenn sie die Halbpension des Hotels in Anspruch nehmen möchten. Zum Frühstück gibt es ein reichhaltiges Büffett mit Champagner. Der Gast kann wählen, ob er zu Mittag oder abends essen möchte; in jedem Fall hat er die Auswahl unter fünf verschiedenen Menüs.
Trotz des hohen Angebotsniveaus sind diese Preise nicht viel teurer als die herkömmmlicher Altenheime ohne diesen Service.
Rechtlich firmiert der Rosenpark als Altenwohnheim und sein Geschäftsführer als Heimleiter. Vorschriftsgemäß wählen die Bewohner deshalb auch eine Interessenvertretung, die sich hier aber stilgemäß "Rosensenat" nennt. So können die Bewohner auf ihre alten Tage noch zum "Senator" gewählt werden.
Nebenan, im Cafe "Rosenpark", kann man sich nun nach mittagsmit Kaffee und Kuchen von Feinsten verwöhnen lassen. Der vollverglaste Rundbau bietet einen wundervollen Ausblick auf die Lahn. Im Sommer dürften Außentische direkt am Flußufer die Attraktivität von Marburgs feinstem Cafe noch steigern.
Zur Eröffnung am Sonntagnachmittag strömten die Massen, um das neue Cafe kennenzulernen. Der Andrang war so groß, dass Besucherinnen und Besucher abgewiesen werden mußten; sie fanden aber im benachbarten Hotel einen angemessenen Ersatz. Freilich spielte dort nicht der Pianist, der die Gäste des Cafes mit Live-Musik berieselte; und dort standen auch nicht die Buden mit Champagner und Austern gleich vor der Tür wie beim Cafe. Aber teure Kostbarkeiten schlürfen im Stehen ist dann doch wohl eher nicht das, was in Marburg angesagt ist.
Aber sein Platz gleich neben der neuen Fußgängerbrücke am Knick der Rosenstraße dürfte das Cafe "Rosenpark" als Treffpunkt anspruchsvoller Zeitgenossen empfehlen, kann man den stilvollen Rundbau doch von der Bahnhofstraße aus schon sehen, während sich das Hotel seitlich hinter einer Kurve verbirgt. Mit dem Cafe ist Marburgs reichstem Bürger, dem zigfachen Multimillionär Reinfried Pohl, wohl ein erfolgreicheres Projekt gelungen als das benachbarte Hotel.
01.12.2000 * (FJH)
Beim Spielen mit der Waffe ihres Adoptivvaters erschoss eine 14-jährige Bewohnerin des Hofguts Fleckenbühl am 18. Dezember 1999 ihre gleichaltrige Freundin. Anschließend floh das Mädchen per Anhalter nach Marburg, wo sie eine 18-jährige Autofahrerin mit vorgehaltener Waffe als Geisel nahm. In erster Instanz hatte das Amtsgericht Marburg die Jugendliche als nicht schuldfähig eingeschätzt und deswegen freigesprochen; in zweiter Instanz verfügte die Jugendstrafkammer des Landgerichts Marburg unter Vorsitz von Dr. Thomas Wolff am Donnerstag (30. November) die Einweisung des Mädchens in eine Psychiatrische Anstalt.
Bereits vor der Tat hatte sich die Jugendliche wegen Verhaltensauffäligkeiten in psychotherapeutischer Behandlung befunden, die sie nach dem Richterspruch nun zwangsweise fortsetzen muss. Ihr aggressives und rücksichtsloses Verhalten sei - so das Gerichtsgutachten - Folge einer schweren Kindheit, die dringend behandelt werden müsse.
Am 18. Dezember 1999 hatte die damals 14-jährige gemeinsam mit ihrer Freundin einen Bauernschrank im Arbeitszimmer ihres Vaters geöffnet und darin einen Revolver gefunden. Als die beiden Mädchen beim Hantieren mit der Waffe überrascht wurden, reagierte die Angeklagte panisch. Versehentlich löste sich ein Schuss und tötete die Freundin. Daraufhin floh das Mädchen nach Cappel, wo sie mit dem Revolver am Sohlgraben eine Autofahrerin stoppte. Die Polizei konnte die Geiselnehmerin nach kurzer Zeit überwältigen.
Während sie in erster Instanz vor dem Amtsgericht wegen mangelnder Schuldfähigkeit freigesprochen worden war, erkannte das Berufungsgericht zwar auch eine verminderte Schuld, sah die Jugendliche aber als gefährdet und dringend therapiebedürftig an. Von ihr gehe eine Gefahr für die Öffentlichkeit aus, vor der das Gericht die Allgemeinheit schützen müsse.
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