Text von Sonntag, 1. Mai 2005
Viele unzufrieden: Zu viel Kundgebung führt zu wenig | ||
Marburg * (fjh)
"Es sind nicht alle hier, die unzufrieden sind", bedauerte Lena Berendis. Bei der Maikundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) hielt die Vorsitzende des Allgemeinen Studierenden-Ausschusses (AStA) am Sonntag (1. Mai) die sechste Rede. Als sie begannn, hatten die gut 650 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereits eineinviertel Stunden lang in der heißen Sonne auf dem Marktplatz gestanden. Viele plauderten miteinander, whrend die Rednerinnen und Redner ihre wohlvorbereiteten Beiträge vorbrachten. Sicherlich hatten sie sich alle redlich Mühe gegeben, doch dauerte das Ganze einfach zu lange. Manche Redewendung kam altgedienten Gewerkschaftskollegen auch bereits bekannt vor. Dass die Bundesregierung "als Tiger gesprungen und als Bettvorleer gelandet" sei, das hatten sie schon vor fünf Jahren in der Maizeitung lesen können. Und auch Matthias Körners platte Parole "Faschismus ist keine Gesinnung, Faschismus ist ein verbrechen" trug wohl nicht gerade zu einer verschärftren Suche nach den Ursachen des Neofaschismus bei. Die Härten von Hartz IV hatten engagierte Marburgerinnen und Marburger im Herbst 2004 bei zahlreichen Montagsdemonstrationen ausführlich kennenlernen können. Und auch über die Privatisierungspläne der hessischen Landesregierung bezüglich der Universitätskliniken in Gießen und Marburg dürften die meisten Menschen auf der Maikundgebung durchaus schon gut informiert gewesen sein. Hier bedurfte es lediglich noch der Ankündigung einer Demonstration am Freitag (20. Mai). Die hätte da aber durchaus gereicht. Doch stattdessen qälten sich sechs eifrige Rhetoriker durch das Stimmengewirr uninteressierte Kundgebungsteilnehmer. Das war einfach zuviel. Da konnte man den Anwesenden ihren mangelnden Respekt gegenüber den Redenden kaum verdenken. Bei der Zusammenstellung der Redeliste sind die Verantwortlichen anscheinend nach dem Motto verfahren, alles zur Sprache zu bringen, was irgendwo noch unbedingt gesagt werden müsste. Ihnen müsste unbegingt esagt werden, dass gerade die vielen jungen Leute bei dieser Kundgebung nach diese rerfahrung wohl kaum wiederkommen werden. Sie mgen sich gedahct haben: Wenn man den Gewerkschaften den kleinen Finger gibt, ergreifen sie einen gleich ganz mit Haut und Haar! Weniger ist manchmal mehr. Diese alte Weisheit gilt hier auch in umgekehrter Form: Mehr macht weniger. Je mehr Reden die Leute zu hören bekommen, desto weniger davon greifen sie auf. Und je mehr Zeit ihnen so gestohlen wird, desto weniger wird ihre Bereitschaft sein, im nächsten Jahr 3 wiederzukommen zur maikundgebung. Es ist schade, dass die "Linken" in Marburg das immer noch nicht begriefen wollen. So schaden sie ihrem wichtigen Anliegen selbst am meisten. Viele werden damit unzufrieden sein. Und auch 2006 wird desween wieder jemand wie Lena Berendis sagen können: "Viele sind heute nicht hier, die unzufrieden sind." | ||
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